Katalonien entdecken

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Katalonien entdecken

Der persönliche Charakter Kataloniens und die Vielfalt seiner Sehenswürdigkeiten
verdienen einen Abstecher. Zu diesem Zweck verläßt man am besten gleich hinter
der Grenze die Autobahn, um so mehr vom Land zu sehen.

In Figueras blieb vom ehemaligen Festungsgelände noch die Zitadelle erhalten.
In diesem Ort ist auch Salvador Dalí geboren, dem man dort erlaubte, das während
des Bürgerkriegs zerstörte Stadttheater in eine Kulturstätte zu verwandeln,
die eine erstaunliche Mischung aus Museum und Theater bietet und in der die
Ungewöhnlichkeit des Ortes die Exzentrik dieses Zauberers noch unterstreicht.
Von Figueras geht es weiter nach Gerona, Hauptstadt von »Alt«- oder Nordkatalonien,
Wiege der katalanischen Identität. Die schmucklose Kathedrale - sie beherbergt
einen prächtigen Wandbehang mit Motiven aus der Apokalypse - die steilen, von
gotischen Palästen gesäumten Gassen und la Rambla, Geronas belebte Promenade,
sind einen Abstecher wert.

Von dort aus empfiehlt es sich, ins Herz der katalanischen Pyrenäen vorzustoßen,
wo sich enge Straßen bis zu den ursprünglichen Orten einer Jahrtausende alten
Kultur winden. Dabei sollte man vor allem das mittelalterliche Nest Besalú,
die romanischen Klöster Sant Joan (bzw. San Juan) de las Abadesas und Ripoll,
sowie die Dörfer von La Cerdaña mit ihrem Zentrum Seo de Urgel nicht auslassen.
Ferner zahlen sich Ausflüge nach Espot, von wo aus sich ein Zugang zu dem irreal
anmutenden Anblick der Encantats eröffnet, und in die Täler des Pallaresa aus,
wo man unbedingt die Kirchen von Tahull mit ihren Freskenfragmenten besichtigen
sollte. Das des Christus Pantocrator wurde leider entfernt und hängt nun im
Museum für Katalanische Kunst in Barcelona.

In Richtung Süden führt die Straße nach »Neukatalonien«, das aus islamischer
Hand von Christen aus den Bergen zurückerobert wurde. In der Ebene des Ebro
ist Lérida (katalanisch: Lleida) einer der Pole; die alte, über die Stadt hinausstrebende
Kathedrale wurde, nachdem lange vernachlässigt, restauriert und streckt nun
wieder ihre schlanken Gewölbe und die hohen gotischen Bögen ihres Kirchturms
empor.

Die Abteien von Santes Creus und von Poblet (wo sich in der Kirche auf Flachbögen
die Gräber mehrerer Könige Aragoniens befinden) legen Zeugnis ab von der Pracht
in den Klöstern auf dem Höhepunkt des Mittelalters. Anschließend trifft man
in Tortosa, der südlichsten katalanischen Stadt, wieder auf den Ebro, den die
Küstengebirge nach Süden drängen; das Ebrodelta ist ganz in der Nähe, mit seinen
Reisfeldern, den Sümpfen und seiner reichhaltigen Fauna.

Die stark verstädterte Küste Kataloniens steht in krassem Gegensatz zu den
Gebieten im Hinterland. Angesichts des Touristenansturms sollte eine Rast gut
überlegt sein, wenn man dem Gedränge und den verunstalteten Landschaften aus
dem Wege gehen möchte. Tarragona zählt zu den Orten, die von einem solchen Schicksal
verschont blieben, mit seiner, zur romanischen Stadtmauer hergerichteten, archäologischen
Promenade und seinem einzigartigem Dom. Weiter nördlich, noch vor Barcelona,
bietet die Anhöhe von Garraf, zwischen Sitges und Castelldefels, die sich an
einer buchtenreichen Küste entlangzieht, dem Auge des Betrachters herrliche
Mittelmeerlandschaften.

Von dort geht es weiter zum Benediktinerkloster von Montserrat. Dabei schlagen
wir sinnvollerweise um Barcelona einen Bogen, da diese Stadt wiederum eine eigene
Reise wert ist. Wenn das noch nicht sonderlich alte Gebäude auch keinen so ausgeprägten
Charakter aufweist, so lohnt es sich doch, den bizarren, mit Sandsteinspitzen
gespickten Felskoloß zu erklimmen, in den das Kloster eingebettet ist, dem andächtigen
Gesang der Mönche und der berühmten Escolanía, den Chorknaben, zu lauschen und,
falls es sich einrichten läßt, eine Nacht im Gasthof zu verbringen.

Die Costa Brava im Norden Kataloniens verdankt der zerklüfteten Struktur ihren
Namen, der »wilde Küste« bedeutet, wenngleich angesichts der starken Verstädterung
heute kaum noch von »wild« die Rede sein kann. Es gibt aber immer noch einige
Plätze, welche den Zauber ihrer kleinen Buchten und Pfade an der Küste entlang
bewahren konnten. Aufzuzählen wären da S´Agaró, mit seinen auf alt getrimmten
Prachtbauten, die kleinen Fischereihäfen von Calella de Palafrugell und Tamariú,
die Meeresbuchten Aigua-Gelida, Sa Tuna und noch Sa Riera sowie der Hafen von
Cadaqués, dem Dalí Unsterblichkeit verlieh, und in dessen Nähe auf einem Gipfel
das entzückende Kloster San Pedro de Roda liegt, von den Katalanen Sant Pere
de Roda geheißen, ferner noch die lichtdurchfluteten griechischen Ruinen von
Ampurias. Im Landesinneren befinden sich die mit herrlich duftenden Wäldern
bedeckten Bergzüge von El Ampurdán, wo abgelegene Dörfer und unzählige Exemplare
der typischen Masía zum Vorschein kommen, massive Landhäuser mit jahrhundertealten
Gemäuern.