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Monumente in Paris

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Bauwerke der französischen Präsidenten

Centre Pompidou, Opéra Bastille, Parc La Villette

Monumente in Paris - Präsidenten und ihre Bauten

Ein jeder Staatsmann träumt davon, sein Andenken für die Ewigkeit zu bewahren. Kommende Generationen sollen wohlwollend an ihn und seine großen Taten zurückdenken. Was liegt da näher, als sich durch ein Bauwerk zu verewigen? Ein Museum voll kostbarster Kunstwerke, eine lang erwünschte Autobahn oder auch ein Centre Georges Pompidou - und voilà, schon hat die Nachwelt die Erinnerung.

In Deutschland ist die Benennung eines Gebäudes nach dem führenden Staatsoberhaupt nicht wirklich in Mode. Hier wählt man Namen längst verstorbener Künstler, Philosophen, Naturwissenschaftler oder anderer bedeutender, jedoch toter Köpfe.

Anders in Frankreich: Begonnen schon vor vielen Jahrhunderten, erbauen sich französische Staatsführer gerne mal ein eigenes Denkmal.

Kaiser, Könige und Präsidenten der Republik - Ludwig, Napoleon, Mitterand und wie sie alle hießen - verfolgten doch alle dieses eine Ziel: Sich in der französischen Hauptstadt, der Stadt der Liebe, der Mode und der Künste zu verewigen. Ein Monument, der Nachwelt zum Nachdenken und sich selbst zum Ruhm.

Jean-Baptiste Colbert, Finanzminister des Sonnenkönigs Louis XIV klärte den Herrscher einst darüber auf, dass den kommenden Generationen vom Regenten in erster Linie die Bauwerke erhalten blieben. Versailles war geschaffen, spätere Staatsoberhäupter folgten seinem Beispiel.

Hier sei an den Korsen Napoleon Bonaparte erinnert, dessen Triumphbogen eines der größten Touristenziele weltweit darstellt. Seine Niederlagen hingegen, Leipzig, Waterloo usw. sind allerdings nicht auf dem Bogen verewigt, Ferner hat die Welt vergessen, dass rund ein Drittel seiner Soldaten Deutsche waren, zwangsrekrutiert aus den von ihm besetzten Gebieten ...

Sein Leichnam erfährt im Invalidendom eine fast schon ins Anbeten gehende Verehrung: Der rote Porphyr-Sarkophag befindet sich in der Mitte eines Kreises, von zwölf Marmorfiguren umgeben. Über allem wölbt sich eine Goldkuppel.

Den Glanz der Kuppel verärgerte einst François Mitterrand, besonders da die Pferdeknechte und Hengste auf der Brücke Alexandre III. nur von Grünspan geziert wurden. Peinlich, so kurz vorm zweihundertjährigen Jubiläum der Revolution, also erhielten auch diese Figuren ihren Goldüberzug.

Charles de Gaulle verewigte sich übrigens auf größerer Fläche als die anderen Regierungspräsidenten, auch wenn dies nicht auf den ersten Blick auffällt: Er sorgte für die Erhaltung und Säuberung der historischen Hausfassaden.

Selten erbauen die Présidents de la République ein Monument gemeinsam mit dem Nachfolger. Eines der wenigen Beispiele ist der Parc La Villette.

Begonnen hat die Geschichte mit Georges Pompidou, der dort Millionen für eine riesige Fehlplanung verschleuterte, einer der größten Finanzskandale der Republik. Im Jahre 1974 gab man die Schlachthöfe auf, ebenso die Pläne von Georges.

Der nächste Präsident, Valéry Giscard d’Estaing, begann mit dem Bau des Parks, eröffnet unter seinem Nachfolger Mitterrand. Die Cité des Science et de l’Industrie hat eine vier mal größere Ausstellungsfläche als das Centre Pompidou, nämlich 45 000 Quadratmeter. Mehr als drei Millionen Neugierige besuchen jedes Jahr das Technikmuseum und das ungewöhnliche Kino mit der Leinwand in einer Kugel.

Die in die Jahre gekommenen Kähne auf dem Canal de l’Ourcq wirken daneben, als befänden sie sich im falschen Jahrhundert.

Der Parc La Villette zog einen bedeutenden Wandel des Stadtviertels nach sich. Einstmals handelten Hirten, Fleischhändler und Schlachter am Morgen auf dem größten Viehmarkt Frankreichs und nahmen anschließend in den Restaurants ein stärkendes Mittagessen zu sich; nun trifft man hier auf Artisten und Spaziergänger.

Die ehemaligen Viehhallen sind Schauplatz von Ausstellungen, Partys und Konzerten, und am gegenüberliegenden Parkende der Cité des Science et de l’Industrie erbaute man eine Musikakademie mit Konzertsaal und Studentenwohnheim.

Wie beim Parc La Villette, so überließ Giscard d’Estaing auch am Quai d’Orsay die Eröffnung seinem Amtsnachfolger François Mitterrand.

Einst diente das Gebäude als Bahnhof, der jedoch schon 1930 seine Pforten schloss. Georges Pompidou erwog, das Gebäude einer Stadtautobahn weichen zu lassen, doch sein früher Tod ersparte der Welt diesen Wahnsinn.

Giscard d’Estaing entschied sich zu einem Umbau zum Museum der Kunst des neunzehnten Jahrhunderts. Der Besuch verlangt von den Kunstliebhabern allerdings Durchhaltevermögen, denn das Gebäude ist immer überfüllt.

Zwar musste Georges Pompidou auf seine Autobahn verzichten, doch dafür hinterließ er der Nachwelt das Centre Georges Pompidou, das mittlerweile das weltweit größte Kulturzentrum. Besucher sind hier am richtigen Platz für Kunst, Film, Literatur, Theater und moderne Musik; die Bibliothek lockt täglich 14 000 Leseratten an.

Die Leitungen und technischen Anlagen, die anstelle einer Fassade die Hauswand zieren, sorgten für den zeitweiligen Spitznamen "die Fabrik" oder "die Raffinerie". Lange sah man das Gebäude als Aushängeschild des modernen, kunstbeflissenen Paris an.

François Mitterrand brachte seine Geliebte als Direktorin selbigen Museums unter und verewigte sich in einer Vielfalt an Gebäuden, von denen hier einige zu nennen sind.

Beginnen wir mit der "Très Grande Bibliothèque", in Anlehnung an den Train à Grande Vitesse TGV auch TGB genannt. Im einstigen Hafenviertel Bercy, im Südosten der Stadt, direkt an der Seine, erheben sich vier Glastürme wie aufgeschlagene Bücher fast achtzig Meter in die Luft. Leseratten freuen sich über zwölf Millionen Bücher, die jährlich um 90 000 Exemplare wachsen, ebenso um 300 000 Zeitschriften und Zeitungen.

François Mitterrand nannte es sein Testament, weshalb sein Name heute auch die beeindruckende Nationalbibliothek ziert.

Über Sinn oder Unsinn lässt sich freilich streiten. Etwa eine Milliarde Euro zahlten die Franzosen für das Monument. Holzblenden hinter den Fenstern der Glasfassade schützen die Bücher vor Sonnenlicht und einer dadurch folgenden Zerstörung. Wegen der Sonnenenstrahlung muß unter Riesenergieverbrauch fortwährend gekühlt werden. Ginge mal etwas in Flammen auf, so wirkten die Türme gerade wie Kamine.

Mitterrands "Dienst an der Nation" dagegen ist die Opéra an der Place de la Bastille.

Die bisherige Oper bot jährlich nur 200 000 Besuchern Platz, weshalb die Billets trotz der hohen staatlichen Förderungen teuer, waren. Hier galt es, eine Oper fürs Volk zu erbauen.

Symbolträchtiger Bauplatz ist der Ausgangsort der Revolution, und auch das Einweihungsdatum - 13. Juli - erinnert an das historische Ereignis vom 14. Juli 1789. Erbaut am ehemaligen Standort eines Bahnhofs, belächelte Le Monde schon zur Eröffnung die Oper, die zwischen der dichten Bebauung wirkt wie ein "Rhinozeros in der Sitzbadewanne".

Der Bau hatte es nicht leicht. Noch am Eröffnungstag arbeitete man an der Fertigstellung, und was während der Bauarbeiten zu hektisch beendet wurde, wies schon nach einem halben Jahrzehnt die ersten Verfallserscheinungen auf.

Die Erwartungen wurden jedoch erfüllt und die klassische Musik in breitere Schichten getragen. Bei den meisten Vorstellungen sind sämtliche der 2700 Plätze belegt. Jährlich strömen 900 000 Besucher in die Oper, von denen fast vierzig Prozent jünger sind als vierzig und siebzehn Prozent sich auf ihren ersten Opernbesuch freuen.

Am frühen Abend verkauft man Restkarten für zwanzig Euro an Studenten, Rentner, Sozialhilfeempfänger und Schüler.

Ebenso wie der Parc La Villette, so wirkte sich auch die Opéra auf das Stadtviertel aus. Ehemals Heimat von Arbeitern, Handwerkern und Kleinhändlern, den Nachfahren der Sansculotten, der Anführer des Sturmes auf die Bastille, finden sich hier inzwischen hauptsächlich Bars, Lokale und Läden, ausgerichtet auf die "Bourgeois Bohémiens", die Bobos, die vor der Oper noch einen Happen essen oder einen Schluck trinken möchten. Die Mieten stiegen, das Quartier wandelte sich.

Auch am größten Vorhaben Mitterands, der berühmt-berüchtigten Pyramide im Innenhof des Louvre, scheiden sich die Geister. Die hohen Kosten spielen hier keine Rolle, denn was Frankreich Ruhm einbringt, ist schließlich nie zu teuer. Problem ist vielmehr die in vielen Augen unpassende Architektur einer gläsernen Pyramide im historischen Schatten des Louvre.

Befasst man sich allerdings ein wenig näher mit dem weltweit drittgrößten Museum, merkt man rasch, dass nicht einmal dieses authentisch ist. Stück für Stück ließen wechselnde Könige in wechselnden Jahrzehnten das Gebäude errichten. Jeder brachte seinen eigenen Geschmack ein, das Monument brannte ein paar Mal und man baute es ein paar Mal um.

Ein Umzug von sechstausend Angestellten des Wirtschafts- und Finanzministeriums ermöglichte dem Museum eine Verdopplung der Ausstellungsfläche auf nun fast 70 000 Quadratmeter.

Architekt Ieoh Ming Pei erwählte man nicht in einem Ausschreibungsverfahren, sondern der Président selbst bestimmte ihn zu dieser bedeutenden Aufgabe. Vive le Roi!

Weiteres Monument Mitterands ist sein eigener Triumphbogen: der gläserne Büroturm im Quartier La Défense, als Endpunkt der verlängerten historischen Achse Louvre - Place de La Concorde - Arc de Triomphe.

Jacques Chiracs Wahl fiel auf ein Völkerkundemuseum, das man 2006 am Quai Branly erbaute. Ob ihn diese Tat so legendär machen wird, ist fraglich, denn die Ausstellungsstücke stammen zu neun Zehnteln aus zwei bereits bestehenden Museen für Völkerkunde, deren Bedeutung dieser Verlust schmälerte.

Hindernis für all die künftigen Regenten ist jedenfalls die verkürzte Regierungsperiode, die schon Chirac zu schaffen machte. Bedenkt man die lange Planung, so mag man den nächsten Präsidenten schon jetzt bedauern. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, und so werden auch künftige Regierungschefs schon eine Möglichkeit finden, sich für die Nachwelt zu verewigen.