Mikrokosmos des Empires
Mikrokosmos des Empires
London könnte ein Freilichtmuseum des Industriezeitalters sein. Nahezu jede
  Straßenecke legt Zeugnis davon ab. Leider erblicken manche Besucher darin nur
  die Spuren einer glorreichen Vergangenheit und übersehen dabei, dass die Welt,
  die sie einst eroberten, die Engländer ganz einfach nach Hause zurückbegleitet
  hat. Als Folge davon ist London gegenwärtig eine der kosmopolitischsten Städte
  überhaupt. Seit den fünfziger Jahren wandern Menschen aus allen Teilen des Commonwealth
  ein - aus den englischen Antillen, Indien, Pakistan, Bangladesh und Ostafrika.
  Sie ziehen ihren Nutzen aus der multikulturell orientierten Politik der linksextremen
  Bastion, die seinerzeit vom Greater London Council verkörpert, seither aber
  durch die konservative Regierung abgeschafft wurde. Die britische Hauptstadt
  ist somit ein Mikrokosmos ihres Weltreiches geworden und spiegelt alle Licht-
  und Schattenseiten davon, vom Kulturaustausch bis hin zu gegenseitiger Ablehnung
  und zum Rassismus. 
Von den heute hier lebenden Einwanderern kamen die ersten im Jahre 1948 an
  Bord eines alten Frachtdampfers aus Jamaika. Er hatte 492 junge, hoffnungsvolle
  Menschen geladen, die heute als die »Gründerväter« der antillischen Gemeinschaft
  in London bekannt sind. Die meisten von ihnen besaßen nicht mehr als fünf Pfund
  Sterling und besassen keine blasse Vorstellung von dem, was sie in England erwarten
  mochte. Unterkunft fanden sie in alten Kriegsbaracken auf dem Südufer, in Clapham
  und Brixton. Arbeit gab es genug in den fünfziger Jahren, so dass die Einwanderung
  jeden Monat um Tausende zunahm, bis die im Commonwealth geborene Bevölkerung
  Londons über eine Million Menschen zählte. Ein beträchtlicher Teil gehört zu
  der Gruppe aus Jamaika, die sich rund um den Landungsplatz ihrer Pioniere in
  Clapham und Brixton etabliert hat.
		

