Stinkbomben

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Himmlische Ruhe

Was Oma noch wusste

Stinkbomben-Massaker

So manche Nacht, in fremden Betten zugebracht, war laut und lästig, und das obwohl sie doch viel besser ruhig und ratzepüh gewesen wäre; vielleicht lag das Ruhebedürfnis daran, dass am nächsten Morgen der Bus frühzeitig die Startbahn kratzen sollte, die Tage anstrengend und das Bett ersehnt war oder einfach die Zimmerisolierung notdürftig bis nicht vorhanden war.

Bei alldem hat man einerseits Verständnis für Partypeople und Erlebnismehrsamkeit mit ordentlicher Radaumusik, andererseits aber auch zwei Ohren und den Wunsch nach Stille, man ist ja schließlich nicht mehr 47.

In eben den Momenten, mit Watte im Ohr, von Seite zu Seite wälzend, den Discjockey verfluchend und sinnlos um Abhilfe bittend, fiel mir meine Oma ein, die in ähnlichen Situationen zu ganz anderen Mitteln griff. Sie wohnte im dritten Stock, direkt oberhalb des Kleinstadtzentrums, und unter ihr war DER Platz schlechthin für Abhänger, Abfeierer und Abgeher. Geflieste Fußgängerpassage mit Sitzgelegenheit, keine störenden Autos, die nächsten Döner-Buden und Bier-Kioske schnellstens erreichbar, also genau richtig, um dort Rauschzustände zu kreieren, sich in diese reinzusteigern und ordentlich Krawall zu machen. Was hab ich denn mit 16 für Vorstellungen von Sozialbewusstsein und warum muss das Lebewesen Mensch überhaupt früh ins Bett, wenn die Hormone doch so prächtig sprießen? Naja, meine Oma musste nicht früher ins Bett, aber wollte vielleicht ihre Ruhe haben, andere und frühzeitiger terminierte Leicht-Rauschzustände genügen vollkommen, um den Lebensabend lebenswert zu genießen. Wenn aber um zwölf Uhr nachts da unten noch die Hölle los ist, kann man ja das nicht so wirklich gutheißen und dennoch nicht jede Nacht die Polizei rufen.

Was tat sie also?

Sie warf Stinkbomben und freute sich wenige Minuten später diebisch, wenn die Meute mit Sprüchen wie "Himmel, wer war das? Weg hier! Boahh, stinkt das, abhauen, sofort! Scheiße!!" das Weite suchte. Sie stand dann hinterm Vorhang und hatte Späßchen, vielleicht dann sogar so viel, dass sie gar nicht mehr ins Bett wollte.

Ich weiß das nur aus ihren eigenen Erzählungen, deswegen konnte und kann ich mir unter einer Stinkbombe nicht so viel vorstellen, außer das sie verteufelt stinken muss und vielleicht irgendwas mit Buttersäure zu tun hat. Die chemische Reaktion wäre mir natürlich völlig schnurz gewesen, in den Nächten, in denen ich sie mir so sehnlichst herbeiwünschte, um für Ruhe unterm Fenster zu sorgen.

Allein der Gedanke daran und die Cleverness meiner Oma waren letztlich beruhigend, beunruhigend war dann nur noch die eine Frage: Wo bekommt man denn eigentlich in Deutschland, und vor allem meine Oma, Stinkbomben her?

Puhh