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Semana Santa

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Semana Santa

Ganz Spanien pilgert nach Sevilla

Zur Zeit der Semana Santa, also der Karwoche zwischen Palmsonntag und Ostern, fallen in Sevilla Tausende von Urlaubern ein, die aber in der Masse der begeisterten Spanier untergehen. Man muß darauf gefaßt sein, sich in der Menschenmenge zu verlieren, oder lieber gleich wegbleiben.

Bußfertigkeit und religiöse Hingebung gehen mit der Jahrmarktatmosphäre eine eigentümliche Mischung ein. Bald haben die Schaulustigen vergessen, ob sie zum Bereuen ihrer Sünden hergekommen sind oder um sich am Defilee der überladenen Pasos und der fantasievoll kostümierten Fußgruppen zu erfreuen. Ist die Semana Santa in Sevilla nun ein Fest der Frömmigkeit oder bietet sie der Bevölkerung lediglich eine willkommene Gelegenheit, ihr frommes Mäntelchen abzustreifen und mal wieder richtig auf die Pauke zu hauen? Wie auch immer die Antwort lauten müßte: ungläubige Thomase werden in ihr in erster Linie eine karnevaleske Parade sehen und sich in die Tage ihrer Jugend zurückversetzt fühlen, während all jene, in deren Köpfe religiöse, mystische oder bigotte Gefühle herumspuken, wohl eine Antenne dafür besitzen, was auf uns bestenfalls wie eine Art inbrünstiger Massenkommunion wirkt und es vielleicht sogar ist. Wer könnte denn schon mit Sicherheit das Gegenteil behaupten?

Halten wir uns an das, was sich vor unseren Augen abspielt: eine jede Pfarrei der Stadt schließt sich zu einer Bruderschaft zusammen, einem Überbleibsel der historischen Hermandades. Die einzelnen Bruderschaften strömen in Prozessionsordnung der Plaza San Francisco zu, zu diesem Zweck in eine überdimensionale Bühne umfunktioniert, als handelte es sich um die Szene eines religiösen Monumentaltheaters. In schmucklose Mönchsgewänder gekleidete Büßer folgen einem mächtigen Holzkreuz, die Jüngeren vorneweg. Dahinter bewegt sich der Paso, eine häufig mit barockem Zierrat überladene Plattform, von einem Dutzend Männer getragen. Wer einmal einen solchen Zug erlebt hat, wird diesen so schnell nicht wieder vergessen. Auf dem Paso erkennt man eine Christusfigur am Kreuz oder die in Tränen aufgelöste Heilige Jungfrau. Beim Vorüberziehen der Pasos kann man die Saetas vernehmen, inbrünstige, ja herzzerreißende Melodien aus dem Mund von Flamencosängern. Wer sinkt da nicht automatisch auf die Knie! Zu guter Letzt trifft sich alle Welt auf der Plaza San Francisco, wo die Fiesta ihren Fortgang nimmt.

Bleibt anzumerken, dass es möglich ist, die Pasos aus der Nähe in den Kirchen der Bruderschaften zu betrachten, und zwar donnerstags und an Karfreitag, allerdings nur vormittags.