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Giralda & Orangenhof

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Sehenswertes in Sevilla

Giralda und der Orangenhof

Giralda: es gelten dieselben Besuchszeiten wie für die Kathedrale. Das Wahrzeichen Sevillas - es handelt sich um den schlanken, reich verzierten und den Dom überragenden Turm - diente der großen Moschee einst als Minarett. Nachdem sie Sevilla zurückerobert hatten, besaßen die Katholiken immerhin soviel Verstand, dass sie dieses Juwel maurischer Baukunst nicht dem Erdboden gleichmachten. Trotzdem konnten sie nicht darauf verzichten, ihm einen barocken Glockenturm überzustülpen, der unmißverständlich kundtun sollte, dass es sich um ein Haus Gottes und nicht Allahs handle. Dennoch ein anschauliches Beispiel für das im 12. und 13. Jh. zwischen Christen und Moslems praktizierte Miteinander. Als Betrachter wird man von der Eleganz und Leichtigkeit des Bauwerks verblüfft sein, hervorgerufen durch Arabesken und Lüftungsöffnungen. Auch der breite, quadratische Abschnitt des Turms vermag diesen Eindruck nicht zu stören. Die Giralda sieht übrigens der Koutoubia in Marrakesch oder dem Hassan-Turm in Rabbat verblüffend ähnlich. Kein Wunder: alle drei Konstruktionen stammen aus dem 12. Jh., aus der Zeit der Almohaden also.

Der Name Giralda geht zurück auf Giraldilla, allegorische Bezeichnung für den »Triumph des Glaubens«, die in Gestalt einer Bronzestatue von der Spitze des Turmes grüßt und sich beim leisesten Windhauch dreht. Der Volksmund taufte das Bauwerk daher Giralda, was auf Spanisch soviel bedeutet wie Wetterfahne. Unser Tip: die breite Plattform erklimmen, die einen Panormablick über ganz Sevilla beschert - angeblich montags nicht möglich ... Wer schreibt uns genaues? Im intensiven Licht Andalusiens verschwimmt dagegen die Umgebung und läßt sich nur erahnen. Von hier oben lassen sich auch die feingearbeiteten Bögen der Kathedrale überblicken, die sich ins Unendliche hinein verlieren. Die Anordnung des mächtigen Gebäudes wird erst jetzt so richtig deutlich.

El Patio de los Naranjos (Orangenhof): in diesem, an die Kathedrale anschließenden, hübschen Garten sind noch jene Bewässerungskanäle, die einst die Mauren installiert hatten, zu erkennen. Beachtung verdient auch das wundervolle Fresko »Vertreibung der Kaufleute aus dem Tempel« über der Eingangstür. Auf den schweren Türen bemerkt man noch kufische, also altarabische Inschriften. Der Brunnen in der Platzmitte ist eine Reminiszenz an die westgotische Kathedrale.

Alcázar: Zutritt dienstags bis samstags 10.30-17h, sonntags 10-13h. Ausreichend Kleingeld bereithalten, sonst muß man an die Wechselautomaten, und die Schlangen davor sind elend lang!

In dieser alten, »maurischen« Festung residierten, nachdem man sie in einen Wohnpalast verwandelt hatte, Isabella die Katholische und Karl V. Wer hätt´s gedacht, aber dieses meisterhafte Bauwerk ist nicht den Arabern sondern den christlichen Eroberern zuzuschreiben, die eifrig den Stil ihrer Vorgänger kopierten und zu diesem Zweck moslemische Künstler engagierten. Und so kam es, dass Pedro III., genannt der Grausame, als Baumeister des Alcázars in die Geschichte einging. Eigentlich ein Treppenwitz der Weltgeschichte: die Besiegten vermachen den Siegern ihr Kunst- und Stilempfinden.

Der Komplex gilt als einzigartiges Beispiel maurisch-andalusischer Baukunst. Beginnen wir den Rundgang am besten beim Cuarto del Almirante, dem Admiralssaal. Prachtvolle Gobelins aus dem 17. und 18. Jh. erinnern daran, dass an diesem Ort die berühmten Reisen vorbereitet wurden, welche die »Entdeckung«, d.h. gewinnbringende Ausbeutung, der Neuen Welt ermöglichten. Etwas weiter der Patio de las Doncellas, der die schmucksten Azulejos des Palastes und kunstvolle, nach nordafrikanischer Tradition gefertigte Stuckplatten versammelt.

Zu beachten auch die polychromen Kassettendecken. In einigen Patios erweisen sich die Stuckfriese bei näherem Hinschauen als Koranverse, die sich übergangslos in das kunstvolle Dekor einfügen. Auf unserem weiteren Besichtigungsgang gelangen wir schließlich zum Jungfrauenhof (Patio de las Doncellas), flankiert von einer Galerie aus der Zeit Karls V. Im Verhältnis zum Erdgeschoß im archetypischen Mudéjarstil ergibt sich hier ein Bruch der baulichen Harmonie. Das Zedernholzportal zieren übrigens Koranverse und Lobgesänge auf die Könige. Im Saal Karls V. hat wiederum die Renaissance in Gestalt einer prachtvollen Kassettendecke ihre Spuren hinterlassen. Zu den Höhepunkten des Alcázars zählt aber zweifellos der Botschaftersaal: dank der polychromen Stuckarabesken, manches in mühevoller Feinarbeit ziselierten Türsturzes, einer stalaktitenverzierten Kuppel in Form einer halbierten Orange usw. Zu einer Zeit, da Thomas Alva Edinson die Welt noch nicht mit seinem künstlichen Licht beglückt hatte, ersannen die Architekten knifflige Kunstgriffe, um über die Lichtverhältnisse Herr zu werden. Aufmerksamen Betrachtern werden die winzigen Stahlspiegel in den Nischen der Decke nicht entgehen. Nachdem das Tageslicht durch die Bögen den Saal erreicht hat, wird es vom hellen Marmorboden reflektiert und trifft dann auf die erwähnten Spiegelchen, die nun ihrerseit zur Illumination des Raumes beitragen. Bei alledem sollte man seine Aufmerksamkeit aber nicht den unendlich reich gestalteten Azulejos entziehen. Kein Motiv gleicht dem anderen.

Wenden wir uns nun dem Patio de las Muñecas (Puppenhof) zu. Sein Name soll von den kleinen Gesichtern herrühren, die man an den Schnittpunkten der Bögen erkennen kann und die entfernt an Puppengesichter erinnern. Hier spielte sich das Privatleben der weiblichen Bewohner des Alcázars ab.

Zurück zum Zentralhof, über den wir den Alcázar zuvor betreten hatten. Unterwegs passieren wir im ersten Stock Gemächer, die noch heute offizielle Gäste der Stadt Sevilla beherbergen.

Über einen anderen Patio gelangen wir zur Kapelle Karls V., deren Wände mit großen, in den Farben Blau und Grün gehaltenen Azulejoflächen aus dem beginnenden 16. Jh. bedeckt sind. Im darauffolgenden Saal aufwendige Wandteppiche, deren Farben bereits einiges an Leuchtkraft verloren haben. Es handelt sich um Reproduktionen flämischer Gobelins, die Karl V. im Kampf gegen die Türken zeigen. Mangels eines Fotoreporters ließ sich Karl, gar nicht dumm, von einem Malkünstler in die Schlacht begleiten. Besonders hervorheben möchten wir die bildliche Beschreibung der Eroberung von Tunis im 16. Jh.: bei der Landkarte scheint etwas schiefgelaufen zu sein; jedenfalls wurde sie seitenverkehrt wiedergegeben und zeigt Spanien auf der rechten Seite.