Kultureller Streifzug durch Barcelona

im Stadtteil Gracía

Wer nicht unter Zeitdruck steht, sollte sich noch einen Bummel durch dieses Viertel gönnen. Läuft man zur U-Bahnstation Diagonal hinunter, läßt sich das alte Dorf, das bei der Errichtung von Eixample Barcelona einverleibt wurde, gut erkunden. Die Hauptachse bildet die Verlängerung der Straße Gran de Gràcia bis zur U-Bahnstation Lesseps. Die alten Dorfplätze und die von niedrigen Häusern gesäumten Gäßchen haben von ihrem Reiz kaum etwas eingebüßt.

In den zwanziger Jahren war Gràcia eine anarchistische Hochburg. Noch heute vermittelt die Gegend etwas von dieser Vergangenheit. So heißen die Straßen beispielsweise Bruderschaft, Freiheit oder Fortschritt, und der Markt heißt sogar »Revoluçion«. Franco dürfte sich noch im Grab die Haare raufen. Gràcia weist vier bezaubernde kleine Plätze auf: die Plaçà Rius i Taulet, die Plaçà del Sol, die Plaçà del Diamant und die Plaçà de la Virreina. Folgen wir nur unserem Spürsinn, dann werden wir die Reize Gràcias schon entdecken. Zu der alteingesessenen Arbeiterbevölkerung gesellen sich seit einigen Jahren mehr und mehr Intellektuelle: Künstler, Schriftsteller, Professoren und viel Jungvolk. Das Viertel besticht durch seine Atmosphäre, sein intensives Lebensgefühl, seine Typen, gemütlichen Bistros und versteckte Bars. Beim Bummel durch die Gran de Gràcia lohnt es sich, hin und wieder zu verweilen und den Blick über die schönen Fassaden der Bürgerhäuser aus der Zeit der Belle Epoque schweifen zu lassen. Ruhig hinein in das eine oder andere und die eleganten Treppenhäuser, die altertümlichen Fahrstühle und die schmiedeeisernen Geländer in Augenschein nehmen! Die Trümpfe der Nr. 77 bilden die Balkone, die Erkerfenster und der alte Aufzug. Ausgesprochen originelle Balkone hat auch das Haus Nr. 15 zu bieten. Und wenn wir schon mal in dieser Ecke sind, werden wir gleich zu einer üppigen Mahlzeit ins Bilbao einkehren (s. Kap. »Lokale«). Ein großartiges Erlebnis ist das Fest, das hier am 15. August veranstaltet wird. Das sollte niemand verpassen. Da geht´s ganz unverfälscht volkstümlich zu.