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Szene

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Feiern in Barcelona

Ein Schlenker durch die Szene

Unmöglich, vom Nachtleben in Barcelona zu plaudern, ohne auf jene Etablissements hinzuweisen, die seit ein paar Jahren insbesondere im Grácia-Viertel wie Pilze aus dem Boden schießen und die Nase bei jeder Modeströmung stets ein paar Zentimeter voraus haben. In den ansteigenden Gassen öffnen und schließen postmoderne Bars ihre Pforten, neben neonkalten Szenepubs, wo postindustrielle Funk-Musik zur Hochform aufläuft. Hier trifft sich alles, was »in« sein möchte und zu diesem Zweck keine Ausgaben scheut. Wer uns auf unsere Szenekneipentour folgen will, darf sich nicht wundern, wenn manche Bar schon wieder ihre Koordinaten gewechselt hat.

Wir möchten uns auch ein wenig absichern und verhehlen unseren Leserinnen und Lesern keineswegs, dass die aufgeführten Etablissements nur für ausgesprochene Nachtschwärmer in Frage kommen, die für moderne Bauweisen - viel Beton, Stahl und grelles Neonlicht - alles Hyperaktuelle, für schnelle Kontakte und mondäne Oberflächlichkeit zu haben sind. Mancher Abend wird da zum Volltreffer, an anderen wiederum langweilt man sich zu Tode. Auch eine Seite der Movida! Nun, wir haben jedenfalls davor gewarnt!

Der Olympiahafen hat sich übrigens zu einem Renner entwicktelt: abends lebt die Uferpromenade am Fuß der Zwillings-Wolkenkratzer auf. Luxusboutiquen und Terassenrestaurants ziehen Tausende von Nachtschwärmern an, nicht zuletzt dank der hier reichlich vorhandenen Parkplätze. Neureiche beiderlei Geschlechts werden sich in den Edelkneipen wie zu Hause fühlen; wir dagegen gehen lieber unserer Wege ...

Crowns: Consell de Cent 314; in Höhe des Passeig de Gràcia; T. 318 72 98. Täglich öffnen sich gegen 19h die Pforten und schließen nicht wieder vor 4 oder 6h morgens, je nach Durchhaltevermögen des Publikums. Musikkneipe auf drei Stockwerken mit behaglichen Nischen im Halbdunkel, einer kleinen Tanzfläche, einem Billardtisch und Videoschirmen. Die Gäste sind Anfang zwanzig, kommen meist paarweise und sind sehr brav. Man will nichts weiter als sich gute Rockmusik anzuhören, mit einem leichten Hang zu New Wave.
Torre de Avila: im Eingangsturm des Pueblo Español; T. 424 93 09. Ab 22h geöffnet. Der angesagteste Laden derzeit! Fünf Bars in einer umwerfenden Mariscal-Dekoration.
Velvet: Balmes 161. Metro: Diagonal. Täglich 19.30-4h. Das Velvet galt lange Zeit als Nonplusultra der Trendsetter: ultramodernes Styling, überall Glas und Metall, der Eingang wie der zu einem U-Boot, kleine Tanzfläche, eine Bar, bedient von Mädchen in Livrée ... Unter den Gästen finden sich recht merkwürdige Typen, ergänzt von einer (zu) großen Schar von Wichtigtuern. Die Cocktails überraschen durch zivile Preise. Assoziationen zu »Velvet Underground« sind allerdings völlig unangebracht: richtige Rockmusik ist hier nicht zu hören, die Klänge bleiben immer soft, zwischen Funk und amerikanischem Hintergrundgedudel.
Mirablau: am Ende der Avinguda Tibidabo. T. 418 58 79. Zu ereichen mit der »blauen Linie« der Straßenbahn bis zur Endhaltestelle bei der Talstation der Seilbahn auf den Tibidabo-Hügel. Die Panorama-Musik-Bar verfügt über einen einmaligen Pluspunkt, den ihr keine Mode je streitig machen wird: verglaste Aussichtsöffnungen auf zwei Etagen, von denen man mit einem Glas in der Hand einen zauberhaften Blick auf die Stadt, auf kilometerweit funkelnde Lichter genießt. Damit nicht genug: im Sommer lockt die Stufenterrasse im Garten und ganzjährig das niedrige Preisniveau, fast billiger als in der Stadt. Bevölkert ist das Ganze von modischen jungen Leuten, die all diese Vorzüge in postmoderner Einrichtung genießen. Anschließend bietet sich die Einkehr im Restaurant La Venta an, auf der anderen Straßenseite (vgl. Kapitel »Lokale«) - ein Abend, den keiner so schnell vergißt!
Snooker: Carrer Roger de Lluria 42. Einlaß 18-2.30h, Sonntag Ruhetag. Weiterer Beweis dafür, dass modern nicht kalt und ungemütlich bedeuten muß. Am Eingang zunächst eine große Bar und locker angeordnete rote Kanapees aus den Goldenen Fünfzigern. Ein größerer Raum weiter hinten, ein fast kitschiger Festsaal, bietet Platz für fünf amerikanische Billardtische.
Universal Bar: Carrer de Maria Cubi 184. T. 201 46 58. Freier Eintritt! Wer sich hier nicht blicken läßt, hat unter den Avantgardisten der Szene jeglichen Kredit verloren. Ohne sie, die Designer, Werbeprofis, Mannequins und Videospezialisten, gäbe es Barcelona schließlich überhaupt nicht. Zu beachten: die Existenz zweier grundverschiedener Etagen. Im Erdgeschoß durchschneidet eine Bar den weiten quadratischen Raum in der Diagonalen. Unbequeme Sitzgelegenheiten ringsum laden Anwesende höflich ein, besser stehenzubleiben. Im bestenfalls zwielichtigen Halbdunkel wird Konversation betrieben. Es spielt kaum eine Rolle, was man sagt: es ist eh kein Wort zu verstehen. So etwas nennen wir ein kommunikationsfreundliches Ambiente! Im ersten Stock sieht die Sache schon anders aus: quadratische Tische verteilen sich über einen weniger schüchtern erhellten Raum, dessen Beleuchtung ihm aber nicht die Intimität raubt. Am Eingang wird man möglicherweise die Nummer mit der »geschlossenen Gesellschaft« abziehen wollen - nicht beeindrucken lassen, Beharrlichkeit öffnet meist die Tür zur einladenden Bar und avantgardistischen Atmosphäre.
Stanassa: Carrer Arribau 27. T. 451 00 52. Metro: Universitat. Täglich außer Sonntag bis 3h morgens geöffnet. Wer sich im echtesten und flippigsten Barcelona suhlen möchte, der kommt um diesen Musikschuppen nicht herum. Er wurde 1989 eröffnet als Huldigung an den berühmten spanischen Regisseur Pedro Almodovar. Der Laden läßt niemanden gleichgültig, er entzückt oder verblüfft, und zwar durch seine Einrichtung wie durch die Gestalten, die sie bevölkern - nicht einmal die Bedienung oder der DJ sehen aus wie anderswo. Ab Mitternacht kommt Stimmung auf; mit einer ansehnlichen Schlange am Eingang sollte man rechnen. Warten lohnt sich, zumal der Eintritt keinen Cent kostet.