Das Cusanus-Spiel
Nikolaus von Kues und ein bisschen Mord und Totschlag
Realistischer und gesellschaftskritischer Zeitreiseroman
Das Cusanus-Spiel | Droemer/Knaur Verlag | 720 Seiten | 24,00 Euro | von Wolfgang Jeschke
Der Deutsche Nikolaus von Kues, bzw. Nicolaus Cusanus, war ein renommierter Philosoph und Mathematiker des 15. Jahrhunderts. Darüber hinaus war er auch Theologe und konnte eine beeindruckende kirchliche Laufbahn vorweisen, war Vertrauter und Kardinal des Papstes. Nicht immer zum Guten der Kirche, wie sich 1433 zeigte, als er die Konstantinische Schenkung als Fälschung entlarvte. Seine Gedanken waren revolutionär und modern, unter anderem glaubte er an die Unendlichkeit des Alls und brachte noch vor Kopernikus seine Zweifel am geozentrischen Weltbild zum Ausdruck. Was aber hat Cusanus mit Wolfgang Jeschkes neustem Science Fiction Roman zu tun?
Domenica Ligrina ist die Heldin des Buches, das in einer nahen (ca. Jahr 2050) aber fatal veränderten Zukunft spielt. Kurz vor ihrem Abschluss in Biologie erreicht sie der Ruf des Vatikanischen Instituts, das auf der Suche nach Naturwissenschaftlern ist, um ausgestorbene Pflanzen zu suchen. In Venedig, das nun auf immer zu versinken droht, wird Domenica unerwartet streng auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereitet. Langsam keimt in ihr der Gedanke, dass die Wissenschaftler des Vatikans planen, anhand einer neuen Entdeckung in die Vergangenheit zu reisen.
Das Buch spielt in einer Welt, wie sie sich die größten Zukunfts-Pessimisten nicht besser vorstellen könnten: Das Erdöl steht unter dem alleinigen Einfluss des Militärs, zahlreiche Kriege haben natürliche Vorräte nahezu vollständig zerstört, die Regierungen sind restlos korrupt. Hinzu kommt der dramatische Klimawandel und die Strahlenverseuchung, die nicht zuletzt Großteile Mitteleuropas unbewohnbar gemacht hat. aus diesem ungesunden Umfeld verschlägt es Domenica in die Zeit Cusanus´, eine Zeit in der die Kirche herrscht, ungesühnte Vergewaltigung und Mord an der Tagesordnung sind und die ersten Hexenverbrennungen stattfinden.
Schwierig ist es, sich als Liebhaberin realistischer und zeitgenössischer Romane an einen so offensichtlichen Science Fiction-Stoff heranzuwagen. Meine Erwartungen waren entsprechend gering. Überrascht war ich über die gelungene Gratwanderung zwischen realistischer Zukunftsvision und fantastischer Zeitreise, enttäuscht über die teils langatmigen Passagen, die nur dazu dienen die zukünftige Welt bildlich zu machen und Protagonisten eine glaubhaften Hintergrund zu geben. Schließlich widmet sich dieser Roman sozialen und ethischen Fragen rund um die Nachlässigkeit der Menschheit und den Umgang mit den Ressourcen, die jedoch nichts Neues darstellen. Für alle Science Fiction Fans ein Vergnügen, das allerdings nicht mit allzu hohen Erwartungen angegangen werden sollte.
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