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Petersplatz

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Das grandiose Brunnentheater der Trevi-Brunnen

Wasserbühne »Königreich des Ozeans« mit dem Meeresgott Neptun

»La Dolce Vita« und die Engelsbrücke

Auf dem Weg vom Quirinal bietet sich ein Abstecher zum Trevi-Brunnen an, heute durch den Kahlschlag der Via Tritone von der Spanischen Treppe getrennt. Das grandiose Brunnentheater ist sozusagen die Schlußvorstellung des römischen Barock. Er war der letzte Ausdruck des Führungsanspruchs der Papststadt, bevor der höfische Vatikan seine beherrschende Stellung im revolutionsgeschüttelten Europa endgültig verlor und das Baufieber angesichts leerer Kassen verebbte. Nicolò Salvi baute im Auftrag von Klemens XII. von 1732 bis 1751 an der 20 Meter breiten und 26 Meter hohen Wasserbühne, unterstützt von einer ganzen Schar weiterer Bildhauer. Die märchenhafte Barock-Szenerie stellt das vom Wasser umtoste »Königreich des Ozeans« mit dem Meeresgott Neptun, seinen Rossen, Tritonen, Muscheln und künstlichen Felsen dar. Zur bekannten Filmkulisse wurde der Trevi-Brunnen in Fellinis Streifen »La Dolce Vita« (»Das Süße Leben«), in dem Anita Ekberg ihren großen Busen in die Fluten tauchte. Der Film wurde zum Inbegriff des sorglosen, ausschweifenden Lebens, das Reiche und Filmdiven im Rom der fünfziger Jahre auf der Via Veneto geführt hatten. Heute ist die legendäre Straße höchstens noch einen Nachruf wert.

Seit 1991 strahlt der Trevi-Brunnen wieder im schönsten Weiß. In über zweijähriger Arbeit wurde die »Edelwanne« blank geschrubbt und von häßlichen Schlieren befreit.

Wie ein Vorläufer des Brunnens sollte der neue das »Aqua Vergine« sammeln, das durch eine Wasserleitung des Agrippa strömt und das barocke Viertel speist. Agrippa hatte die Leitung zur Versorgung seiner Thermen errichten lassen. Von hier aus fließt ein Teil zur Spanischen Treppe und wird in der Barcaccia, dem Brunnen von Bernini aufgefangen. Er hatte ihn 1628 gebaut, ein Jahr nach dem katholischen Sieg über die französischen Protestanten, deren letzter Akt die Einnahme der Festung La Rochelle war. Es ist daher möglich, den Brunnen nicht als Schiff des Petrus, sondern auch als Siegesdenkmal zu deuten, zumal er in der Nähe des gegenreformistischen Istituto Propaganda Fide (wörtl. »Instituts für Glaubenspropaganda«; offiziell auf deutsch »Glaubenskongregation«) liegt. Andere glauben, Bernini habe sich durch die Nähe des Hafens inspirieren lassen. Zum Verständnis ist folgendes von Bedeutung: der Wasserdruck von der Fantana di Trevi hierher ist sehr gering, so dass der Brunnen sehr tief liegen mußte, eine entsprechende Form aufzuweisen hatte und auf hohe Fontänen oder auf Wasser, das von weit oben spritzte, verzichten mußte. Das Problem löste Bernini durch die Barcaccia, die mit einem Wasserstrahl den Mast andeutet und aus den Ankerluken (Öffnungen für Kanonen?) an Bug und Heck Wasser strömen läßt. Auf dem Platz vor dem Palazzo der Propaganda Fide ragt die Mariensäule empor, die Pius IX. am 8. Dezember 1854 errichten ließ. Der Marienkult und insbesondere das an jenem Tag verkündete Dogma der unbefleckten Empfängnis waren nach Einschätzung des größten Romkenners des 19. Jh. Ferdinand Gregorovius, die Antwort der Kirche auf ihre schwindende weltliche Macht, die Antwort auf die Ausrufung der Republik von 1849 (siehe »Wanderjahre in Italien«, Beck München).

Unser Weg durch das heitere, verschwenderische römische Barock ist damit natürlich nicht beendet – es fehlt sein vielleicht kühnstes Stück: der Petersplatz, Mittelpunkt der katholischen Weltkirche. Auf dem Weg zum Vatikan auf der anderen Tiberseite lohnt sich ein Blick in Borrominis Kapelle Sant´Ivo, die beim Blick vom Pincio über das Rom der Päpste durch ihren spiralförmig gedrehten Turm auffällt. Die Kirche ist Teil des Palazzo della Sapienza, der alten, 1303 gegründeten römischen Universität, am Corso del Rinascimento, nahe der Piazza Navona. Zur Palastkapelle gelangt man über den Innenhof. Das Wappentier der adeligen Papstfamilie Barberini findet sich diesmal gar im bienenförmigen Grundriß der Kirche.

Den aromatischsten »caffè« Roms gibt es übrigens ganz in der Nähe, in der kleinen Bar S. Eustachio an der gleichnamigen Piazza hinter der Sapienza. So rüsten wir uns für das Erlebnis Petersplatz. Auf die andere Tiberseite gelangen wir nach Überqueren der Engelsbrücke, die Bernini mit einem Dutzend entrückter Engel schmückte: so sinnlich gab sich die Kunst im Barock.