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Chat

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Let´s have a chat, my dear

Oft begehen Deutsche den Fehler, dass sie „sagen“ im Sinne von „auftragen“ wiedergeben: to tell statt to ask. Dabei gilt: „Never tell an Englishman what to do. Always ask him.“ Das ist umso bedeutsamer, da Engländer Meister im Abschwächen sind. Fast jede Feststellung erhält noch das Anhängsel isn´t it? Aufforderungen werden dagegen nur dezent eingesetzt. Das dauernde Sich-in-Frage-Stellen gehört zu Sprachmustern, die dem Gegenüber die Möglichkeit zum Widerspruch lassen: Don´t you think that ...? Wenn ein junger Galan, der nichts seliger wünscht als einen Spaziergang mit der Dame seines Herzens, zur Attacke übergeht, klingt das so: Are you sure you do not want to come to the park with me?

Ein Deutscher wirkt leicht plump, wenn er dafür kein Gespür entwickelt, zumal seine Sprache für britische Ohren ohnehin rauh klingt. Das liegt auch an seinen urigen Kehllauten (Bach). Bei germanophonen Mitgliedern des weiblichen Geschlechts wird der Gegensatz als besonders krass empfunden, da anglophone Mädchen und Frauen für unsere Ohren meist zwei Oktaven zu hoch liegen. Bei Britney Spears sind´s sogar deren elf.

Achten Sie mal auf die Satzmelodie. Bei Fragen, auf die yes oder no erwartet wird, bleibt sie am Ende hoch: Is that the station? Bei allen anderen fällt sie gegen Ende ab: Where is the station? Deutsche machen das gerne falsch und erhalten in letzterem Falle ein no als Antwort, weil der Engländer meint, ersteres Fragemuster gehört zu haben.

Als Konversations-Starter beliebt ist, die Herkunft des Gegenübers aufgrund seines Akzents zu erraten: Ah, you´re from the West County. Wer drei Sätze auf englisch rauskriegt, wird mindestens auf Birmingham geschätzt. Bilden Sie sich darauf nichts ein! Erstens würde ein kultivierter Brite sich eher die Zunge abbeißen, als Ihre Bemühungen zu konterkarieren und sie als Ausländer zu enttarnen. Zweitens ist Birmingham nicht gerade ein Hit.

Tritt einer dem anderen versehentlich auf den Fuß, sagen beide Beteiligten sorry. Entsprechend trägt jede Baustelle mindestens ein Schild, auf dem sich der Bauherr für die Umstände entschuldigt, die sein Tun der Öffentlichkeit bereitet. Das Britische Verkehrsamt fügte mal einem Prospekt bei: „Wir übernehmen keine Verantwortung für Verluste, Enttäuschungen oder andere Schäden, die anfallen, falls eine Liegenschaft geschlossen ist.“ So bleiben wir mit unserem Schmerz allein.

Wortspiele sind als Zeitvertreib bei Jung und Alt beliebt. Dabei muss es nicht „2 fast 4 U“ wie auf jedem Dumpfbacken-GTI sein. Ein Pub in Chelsea bittet z.B. mit „4 U 2 P“ zur Toilette. Und welche Frau kann ablehnen, wenn ein Werbespot sie fragt: „R U OK 4 A DD?“ Are you okay for a Double Diamond?

Anleihen aus dem Deutschen

Um zu verstehen, warum die britische Boulevardpresse seit Kaiser Wilhelm ihr derbes Deutschland-Bild perpetuiert, reicht eine Prüfung, aus welchem Wortfeld (Hitler sei Dank) das Englische Ausdrücke übernahm. Achtung, kaputt und verboten erkennt jeder Brite, ebenso realpolitik. Wenn´s in der Sun wehtun soll, kommt was Deutsches in den Titel, etwa strafing the audience with musical napalm. Die Sunday Times beschreibt fette Touristen als bratwursty. Time Out stuft die Musik von Radiohead als English angst pop ein, und sobald der Evening Standard über Schwarzeneggers Restaurant Planet Hollywood schreibt, heißt dessen PR-Mann gauleiter und eine Mitarbeiterin fräulein.

In gehobener Konversation stolpert man neuerdings auch über schadenfreude, wunderkind, reinheitsgebot, zeitgeist, gemütlich, abseilen oder quatsch. Seit langem eingeführt sind rucksack oder kindergarten. Doch derlei soziale Vokabeln treten zurück hinter der Einschätzung, dass die Hunnen (auch verbal) weiterhin vor allem eines verbreiten: angst und Schrecken.

Abschließend ein Wort zur Rettung des Genitivs, wenn nicht gar zur Verbesserung der Welt. Anders als im Englischen stand im Deutschen kein Apostroph vor dem Genitiv-s, bis die „Rechtschreibreform“ dieser Regel den Garaus machte und, wie auch in anderen Fällen, die häufigsten Fehler schlichtweg sanktionierte. „Willi´s Würstchenbude“ obsiegte also. Und die nächste „Reform“ wird wohl jenen Zeitgenossen nachgeben, die Hobby´s betreiben, zwei Pizza´s bestellen oder sich morgen´s eines Frühstück´sei´s erfreuen.

Unter uns: Was macht John mit Jane?

Die oben genannten Aussprachefehler werden dem Europäer (ergo: Nicht-Briten) auf Durchreise nachgesehen. Peinlich kann´s aber bei folgenden Fehlern werden:

Hair heißen die Haare auf dem Kopf, hairs alle anderen. Wer balls sagt, denkt eher nicht an Sport.

John Thomas und Lady Jane sind Figuren aus „Lady Chatterly´s Lover“, dem erotikgetränkten Skandalroman von D.H. Lawrence – und sie bezeichnen die private parts. Willy ist ein Vorname, aber auch ein weiteres Wort für den John Thomas. Kühn war also die Idee, einen Film „Free Willy“ zu nennen. Aber was heißt schon wundern? Schließlich werden in jedem Computerladen joysticks verkauft, auf gut deutsch: Freudenschwengel.