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City of London

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City of London

Londons ältester Stadtteil

Eingezwängt in ihre Square Mile, ist die City eine Metapher für England: sein Rechtssystem, vergangene wie gegenwärtige Bankgeheimnisse, die Heimlichtuerei, die Hingabe an Rituale, seine Krämerseele, die lebende Schafe ebenso in Zahlen verwandelt wie Teesäcke oder Diamanten. Zugleich ist Londons ältester Stadtteil sein modernster. Die City enthält seine geschicht-, recht- und wirtschaftlichen Facetten, eigentlich alles bis auf die Showabteilung: Politik, Königshaus, Nachtleben.

Geschichte. Am Nordufer der Themse legten die Römer vor 2000 Jahren die erste Siedlung an, und bis ins 18. Jh. bestand London nur aus der City, deren Schutzmauer sieben Tore krönten: Aldgate, Billingsgate, Moorgate, Bishopsgate, Cripplegate, Newgate und Ludgate. Zum Teil leben ihre Namen in klangvollen U-Bahnstationen weiter. Weil in Westminster die Monarchie saß, waren beide Städte so klar getrennt wie ihre Zuständigkeiten: hie Gesetz, da Geschäft. Wenn sie Hilfe brauchten, hatten Könige die Wahl zwischen City und Kirche. Meist wählten sie den Klerus, weil er über Verwaltungsfachleute verfügte; das Wort clerk (Büroangestellter) stammt ja von clergy (Klerus). In den Kanzeln saßen immer schon Leute, die schreiben und Strippen ziehen konnten. Mit der City paktierte ein König nur, wenn das Geld knapp wurde.

Wer regelmäßig in die City kommt, muss anerkennen, dass ihre Bauwut seit dem Großen Brand ungebrochen ist. 1987 verursachte Prinz Charles einen Skandal, als er laut kundtat, was halb London insgeheim denkt: dass die St Paul´s-Kathedrale heute von abscheulichem Beton erdrückt werde. Dabei birgt dieses Versteckspiel auch einen Reiz der City: die plötzliche Entdeckung der ebenmäßigen Kuppel am Ende enger Straßen. Zwischen all den hässlichen Bauklötzen gibt es auch bemerkenswerte moderne Werke. Wer´s nicht glaubt, werfe einen Blick auf den Tower 42 oder den neuen Sitz von Lloyd´s.

Die moderne Prägung der City stammt aus dem 19. Jh. Damals sank ihre Einwohnerzahl von 130.000 auf 27.000. Die Handelsstadt war zum Büroviertel geworden, dessen Angestellte per Bus zur Arbeit hetzten, zum Wohnen aber die Vorstädte bevorzugten. So mauserte Islington sich zur Künstler- und Intellektuellenkolonie. Heute zählt die City nurmehr 9000 Einwohner. Jeden Morgen strömen aber 250.000 Menschen herbei, um drei Viertel des britischen BSP zu erwirtschaften und abends wieder abzuziehen – ein beeindruckendes Schauspiel.

City of London Info Centre: St Paul´s Churchyard, EC4, T. 7332 1456. www.cityoflondon.gov.uk. 100m südl. von U St Paul´s, auf der Südseite der Kathedrale. Tgl. 9.30-17h, Okt-März Mo-Fr 9.30-17h, Sa -12.30h.

The City: Was ist daran bitte einmalig?

Die Tatsache, dass Geschäftsleute in einer Stadt (auch offiziell) das Regiment führen.

Die Cockney-Kultur: ein echter Cockney muss in Hörweite der Glocken von St Mary-le-Bow geboren sein.

Der Tower als Schauplatz finsterer Machenschaften und fieser Hinrichtungen.

Die Docks, auf denen jahrhundertelang die Reichtümer der Welt landeten und heute die Pfeffersäcke zurückkehren.

Die 39 Kirchen auf einer Quadratmeile (!), die die Handschrift des genialen Sir Christopher Wren tragen. Keine gleicht der anderen. Mit Bedacht gruppierte Wren seine Türme so im Gedrängel, dass St Paul´s sie alle überragt. Leider sind seine berühmten Silhouetten, Kuppeln und klassischen Friese zwischen neueren Bauten kaum noch erkennbar.

Corporation & Lord Mayor: So wird die City regiert

Die City hat ihre eigene Regierung. Diese Corporation of London, unabhängig von Monarchie und Parlament, wird vom Lord Mayor geleitet, den jeden Sep aldermen, Repräsentanten der Gilden, für ein Jahr aus ihrem Kreis wählten. 1983 fiel die Wahl erstmals auf eine Frau. Im Amt genießt der Lord Mayor gewisse Vorrechte. So wird er vom Monarchen direkt angehört und kennt das Losungswort der Wachen im Tower. Huh!

Die eigentliche Verwaltung obliegt dem common council aus aldermen, deren Programm eher finanzieller als politischer Art ist. Sie werden von den 25 Bezirken der City gewählt, die die City Police unterhalten und für die Verwaltung öffentlicher Güter einschließlich der vier Themsebrücken zuständig sind. Zudem wählen die aldermen jeden Juni in der Guildhall zwei Sheriffs zur Unterstützung des Lord Mayor.

Lord Mayor: Ein teurer Job

Wer sich bewerben will, sollte im Geld schwimmen, denn zur Erfüllung seiner Aufgaben muss ein Lord Mayor aus eigener Tasche etwa 90.000 € berappen. Also fällt dieses Amt regelmäßig einem reichen Geschäftsmann der City zu.

Zur Amtseinführung empfängt der Lord Mayor seine Gäste im Mansion House, wo sie zu Fanfarenklängen eintreffen. Da er bei der Stabsübergabe kein Wort mit seinem Vorgänger wechseln darf, heißt das Ritual silent change. Dieser stummen Angelegenheit folgt die Lord Mayor Show, ein Umzug der Korporationen durch die City zum Gerichtshof, den der Erwählte in einer Kutsche anführt. Nach Art des Karnevals trägt die Show ein Leitmotiv, das sich meist um Schenkelklopfer wie Nahverkehr, Stromversorgung oder Rohstoffpolitik dreht.

In der Guildhall versammelt sich die Gesellschaft dann zum Bankett. Während sich alle sättigen, muss der Premier eine kluge Rede halten, um sich die Unterstützung der Finanzwelt zu sichern. Passend dazu erklingt ein Marsch von Händel. Der Festschmaus steht unter der Obhut von Gog und Magog, den legendären Riesen an der Westseite der Guildhall, deren Konterfeis oft durch die City getragen werden. Sie stellen den Kampf zwischen alten Briten und trojanischen Eroberern dar, die der Legende nach vor 3000 Jahren New Troy an der heutigen Stelle Londons gründeten.

Den Hauptteil seiner Zeit verbringt ein Lord Mayor damit, bei Gerichtsverhandlungen den Vorsitz zu führen, der ihm als Oberstem Richter der City zusteht. Auf Reisen (gelegentlich) muss er so staatstragend auftreten wie bei Empfängen (häufig) für Gäste aus aller Welt. Publikumswirksam sind auch seine vielfältigen Trachten. Zum Amtsantritt trägt der Lord Mayor eine karmesinrote Samtrobe, zu Empfängen ein schwarz-goldenes Gewand, zu anderen Feiern einen scharlachroten Talar, der bei Traueranlässen aus schwarzem Tuch besteht. Ebenso unentbehrlich zur Abwicklung der Festivitäten ist der schwarze Dreispitz mit Straußenfedern.