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Whitehall

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SW1: Whitehall

Bhf/U Charing Cross.

Die Allee zwischen Trafalgar Square und Westminster, an der sich viele Ministerien aneinander reihen, dient als (oft negativer) Sammelbegriff für Bürokratie. Dies ist die Domäne der civil servants, die wissen, dass sie jede Regierung überdauern, aber dennoch deren Beschlüsse unparteiisch umsetzen sollen. Laut Volksglauben klappt das nicht immer, ihm gilt Whitehall als anonyme Eigenmacht, deren Schwerfälligkeit selbst den stärksten Minister irgendwann zur Strecke bringt.

Horse Guards Parade Westseite von Whitehall, 200m südl. des Trafalgar Square. Auskunft: T. 09068/663 344 (60p/min).

Vor der riesigen Kaserne der Household Cavalry steigt Mo-Sa 11h, So 10h ein Schauspiel, das bei Touristen hoch im Kurs steht: die Wachablösung der berittenen Garde. Tageweise wechseln sich Life Guards (rote Montur) und Blues & Royals ab. Wer 15 min vorher eintrifft, kommt dem Geschehen näher als vor dem Buckinghampalast; ohnehin ist es hier unterhaltsamer. Tgl. um 16h folgt die Wachablösung der Fußgänger.

Guardsman: Wieso grüßt der mich?

Seit jeher musste ein Soldat der Elitegarde jeden Gardeoffizier grüßen, der ihm auf der Straße begegnete, und sei es in Zivil. Um das Erkennen zu erleichtern, wählten die Offiziere Stockschirm und Melone als heimliche Symbole, wobei der Schirm im Futteral steckte, egal wie das weather war. (Geschäftsleute der City übernahmen diese „Uniform“ später, tragen sie aber nur noch selten.) Wundern Sie sich also nicht, wenn ein guardsman plötzlich von Hab-acht auf stock-stramm wechselt. Er hat in Ihnen einen Gentleman, der gerade mit gefaltetem Schirm vorbeispaziert, ergo: einen Vorgesetzten erkannt.

Banqueting House Whitehall, gegenüber Horse Guards Parade, T. 0870/751 5178. www.hrp.org.uk. Mo-Sa 10-17h. Eintritt 6/4,50 €, Kind (5-16) 3 €, inkl. ausführlichem Audioguide .

Als einziger Teil des königlichen Whitehall Palace, der 1622 einen elisabethanischen Festsaal ersetzt hatte, überstand das Banqueting House den Großbrand 1698. Dieses Prachtbeispiel palladinischer Architektur, erbaut vom genialen Inigo Jones, wurde 1635 auf Geheiß Karls I. mit neun Deckengemälden geschmückt: Peter Paul Rubens führte Karls Auftrag aus, seinen (recht unscheinbaren) Vater Jakob I. ins rechte Licht zu setzen. Ausgerechnet vor dem Banketthaus musste der kunstsinnige König dann am 30. Jan 1649 das Schafott besteigen.

Damals war es von Schatzkasse und Bischofssitz umgeben, heute duckt es sich unter der Wucht des MOD (Verteidigungsministerium). Ein Video im Kellergewölbe, der Ex-Trinkhöhle Jakobs I., erläutert diese Geschichte/n, und man darf den riesigen Rubenssaal betrachten, der noch für Bankette genutzt wird. Zwei berittene Leibgardisten erinnern daran, dass hier die königlichen Gärten bewacht werden mussten.

10 Downing Street 100m südl. vom Banqueting House. www.number10.gov.uk.

Wer nicht zufällig Bunzkanzler ist oder sonst ein Intimfreund von Tony & Cherie, kommt dem berühmten Reihenhaus nicht näher als 50m. Derselbe Bobby, der uns am Vordringen in Whitehalls unscheinbare Nebenstraße hindert, verrät aber bereitwillig, ob Mister Prime Minister gerade anwesend ist bzw. wann damit zu rechnen sei, dass er im schwarzen Rolls-Royce an den Schaulustigen vorbeigleitet.

Erst 1732 stieg Number 10 zum Wohnsitz des jeweiligen Premiers auf, als Georg II. dessen Schlüssel an Robert Walpole übergab. Seit 1997 heißt der aktuelle Mieter Tony Blair, samt Gattin Cherie und vier Kindern. Number 11 bewohnt Gordon Brown. Der Schatzkanzler? Da scheint Streit unter Nachbarn vorprogrammiert – zumal Brown seit Jahren hingebungsvoll an Blairs Thron sägt.

Churchill Museum & Cabinet War Rooms

King Charles St, über die Clive Steps, SW1, T. 7930 6961. www.iwm.org.uk. U Westminster. Tgl. 9.30-18h, Einlass bis 17.15h. Eintritt 15/12 €, Kind (0-16) frei.

Gesichert durch meterdicken Beton, dienten die 30 unterirdischen Lagerräume seit dem ersten deutschen Bombenangriff am 27. Aug 1940 der britischen Regierung als Hauptquartier. Die Lage am St James´s Park war mit Bedacht gewählt, denn Außenministerium und Schatzamt liegen nur eine Tür weiter (und 5m höher).

Bis heute sind die Räume eine perfekt erhaltene Zeitkapsel. Jedes Detail blieb erhalten aus jenen Tagen, da Winston Churchill seinem Land nichts als Blut, Schweiß und Tränen abverlangte. Im Map Room wurden Truppen- und Schiffsbewegungen in aller Welt koordiniert, entsprechende pins stecken noch in den Karten. Im Transatlantic Phone Room, durch ein WC-Schild getarnt, bestand ein direkter Draht ins Weiße Haus zu Roosevelt. Seit 2003 ist auch die Churchill-Suite zugänglich, samt der kleinen Küche, des Gemachs seiner Gemahlin und seines kargen Büros. Beim Bett steht noch der Nachttopf, den zu benutzen der alte Mann (1874-1965) sich beharrlich weigerte. Am 16. Aug 1945 verließ er die Räume und tat nie mehr einen Schritt hinein. Dies ist Geschichte zum Begreifen: hautnah, humorlos, bedrückend.