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Buckingham

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Buckingham Palace im Überblick

Buckingham Palace Am westl. Ende der Mall, SW1, T. 7766 7300. www.royalresidences.com. State Rooms Aug/Sep, tgl. 9.30-16.15h. Eintritt 18/15 €, Kind (5-16) 9 €, Familie 45 €. Tickets online oder ab Ende Juli am Green Park Kiosk beim Canada Gate, tgl. 9-16h.

Königs fahren nicht U-Bahn, also liegt keine Station griffig. Je nach Restprogramm wählt man U Green Park, Bhf/U Victoria oder den herrlichen Marsch ab U St James´s durch den Park.

Erst seit Viktorias Dienstantritt ist der riesige Palast, den sich der Duke of Buckingham 1703-05 an den (damaligen) Stadtrand setzen ließ, die Residenz des jeweiligen Monarchen. Georg III. erwarb ihn 1761 für die Krone, nutzte ihn nach seiner Heirat mit Charlotte von Mecklenburg-Strelitz aber rein privat, während St James´s Palace die offizielle Residenz blieb. Georg IV. fand am Bestand so wenig Gefallen, dass John Nash ihn 1826 weitgehend umzubauen hatte. Als Viktoria dann 1837 einzog (ihr Sitzmöbel steht noch im Thronsaal), hatte sie viel Platz, doch musste nach der Heirat mit Vetter Albert von Sachsen-Coburg 1840 nochmals ein Trakt dazu: Es fehlte an Kinderzimmern! Letztmals Hand angelegt wurde dann 1913, um die massige Fassade noch grauer zu machen. Dahinter steckt nun eine spätgeorgianisch-frühviktorianische Schatztruhe, die umso mehr Eindruck schindet, als es sich ja um ein Gebrauchsschloss handelt.

State Apartments. Von den 661 Räumen des Palastes sind 19 „Staatsräume“ in der Sommerpause zugänglich. Das geheimnisumrankte Chinesische Speisezimmer und der Rest bleiben dagegen verschlossen. Damit nichts bekleckert werde oder gar (beware!) Beine bekomme, stehen mannshohe Verkleidungen aus Plexiglas herum, und üppig vorhandenes Personal hat ein freundliches Auge aufs Publikum.

Dieses gelangt über den Botschaftereingang an der Südseite zur Großen Treppe und zu den lichten Fluren des Gartenflügels. Viktorias 76m lange Gemäldegalerie zeigt erlesene Happen der Royal Collection. Im hübschen Weißen Salon (mit Geheimtüren hinter Wandspiegeln) sammeln sich die Royals, bevor sie sich Botschaftern und anderen Gästen im Musiksalon zeigen. Der Festsaal mit Regency-Möbeln ist für Staatsbankette gebucht, auch Grüner und Blauer Salon protzen mit Deckenornamenten, Brokatteppichen, Marmorsäulen und Kristall-Lüstern.

Hinweise auf Buckinghams aktuelle Bewohner liefert aber allein der überkandidelte Thronsaal. Ansonsten achtet die Queen, die mit Prinz Philip privat „nur“ zwölf Räume im Nordflügel nutzt, mit Blick auf den Green Park, peinlichst auf die Trennung zur Publikumssphäre. Wenn sie sich gerade hier herumtreibt und nicht auf Windsor oder im schottischen Balmoral, wird der Union Jack aufgezogen.

Palace Gardens. Neuerdings sind in den meisten Jahren auch die südlichen Teile des Parks hinter dem Palast zugänglich. Man blickt auf den hübschen Teich samt Insel und Fasanen, und ahnt, warum der Auslauf der Queen im Ruf steht, sogar den Kew Gardens Konkurrenz zu machen. Wer aber von außen paparazzt, erlebt vielleicht auch, was ein Augenzeuge dem Sunday Mirror (25. Jan 2004) mitteilte. Er habe beobachtet, wie Queen Elizabeth „eigenhändig mit ihrem Spazierstock einen verletzten Fasan erschlug“, den ihr ein Jagdhund vor die Füße gelegt habe. Fazit eines Sprechers vom Tierschutzverband Animal Aid: „Diese Tat zeigt erneut die furchtbare Sucht der königlichen Familie, Vögel umzubringen.“ Schon mehrmals war die Queen geknipst worden, wie sie Fasanen den Hals umdrehte.

Buckinghams Preisfrage: Lohnt ein Palast-Besuch?

Zur Klarstellung: Die genannten Eintrittspreise sind ernst gemeint. Im Aug 1994 wurde Buckingham erstmals dem Publikum geöffnet, um mit den Einnahmen die Brandschäden auf Windsor zu beseitigen. Nach 56 Besuchstagen im ersten Jahr zählte die Queen 377.000 Gäste und 2,2 Millionen Pfund Gewinn. Seither strömen pro Öffnungstag etwa 7000 Besucher herein, entrichten den fetten Obolus und lassen ebenso viel im Andenkenladen. Standhaft rügt der britische Verbraucherschutzbund das Preis-Leistungs-Verhältnis. Eine vierköpfige Familie werde 30 (!) Pfund los, dürfe 2 Std durch 19 Gemächer schreiten und erstrangige Kunst sehen, finde aber kaum Angaben dazu. „Das ist miserabel“ – jedenfalls zu mickrig, um diesen Preis zu rechtfertigen.

Changing of the Guard Vor Buckingham Palace. Tgl. 11.15h, Sep-März jeden zweiten Tag, meist ungerade Daten. Termine: T. 09068/663 344 (60p/min) oder www.royalresidences.com. Eintritt frei.

Aus uns unbegreiflichem Grund gilt der Wachwechsel als Attraktion. In jedem Fall illustriert er vortrefflich den Stellenwert langatmiger Zeremonien auch im London des 21. Jh. Dabei geht das alte Wach-Team vor dem Palast in Stellung, lauter bärenfell-bemützte, grellrot-uniformierte, schneeweiß-kniehoch-bestiefelte footguards der Household Division. Ihre Ablöser verlassen 11.27h die Wellington Barracks und schreiten via Birdcage Walk zur Arbeit, was nicht ohne Blasmusik abgeht. Die Garde besteht aus 40 Mann und drei Offizieren; in Abwesenheit der Königin wird das Programm reduziert.

My goodness! Übrigens entging all diesen wachsamen Burschen, dass im Juni 1992 ein verwirrter Fan der Königin nachts über die Mauer stieg und an ihrem Himmelbett ein paar ernste Worte mit ihr wechselte. Oder dass im Sep 2004 am hellichten Tag ein geschiedener Vater an der Fassade hochkletterte und über dem Haupteingang ein Transparent entrollte. (Es ging um mehr Rechte für geschiedene Väter.) Nach jedem dieser Vorfälle – es gibt weitere ihrer Art – wurde versichert, der Palast werde künftig noch schärfer bewacht.

Wach sein!

Wer was sehen will vom Wachwechsel, quetscht sich schon 1 Std vorher an den Zaun beim Queen Victoria Memorial; bei very wet weather (offizielle Sprachregelung) fällt der Zauber ins Wasser. Wer mehr sehen will, pirscht zum Wachwechsel an der Horse Guards Parade (Mo-Sa 11h, So 10h; siehe Whitehall). Wer Wachen ohne Wechsel, aber in Montur sehen will, besucht den Gottesdienst (So 11h) in der Guards Chapel am Birdcage Walk, 600m östl. vom Palast. Members of the public are welcome.

Queen´s Gallery Buckingham Palace (Südflügel), Eingang Buckingham Gate, SW1, T. 7321 2233. www.the-royal-collection.org.uk. Ganzjährig tgl. 10-17.30h, Einlass bis 16.30h. Eintritt 12/9 €, Kind (5-17) 6 €, Familie 30 €. Kombiticket mit Royal Mews 15/12/9 €, Familie 39 €. Im Aug/Sep gilt das Palastticket.

Elisabeths Royal Collection umfasst natürlich nur vom Feinsten: Rembrandt, Rubens, Vermeer, van Dyck, Holbein, Canaletto, dazu Skulpturen von Canova und Chantrey, edelstes Porzellan aus Sèvres, englisches und französisches Mobiliar. Neben regelmäßig wechselnden Kunst-Stücken aus besagter Collection entdeckt man auch Leihgaben (Drucke, Miniaturen, Stiche, Photos) der Royal Archives in Windsor.

John Nash entwarf das – palastmäßig gesehen – kleine Gebäude als Konservatorium (1820), Viktoria machte daraus eine Kapelle (1843), deutsche Bomben machten daraus Schutt (1940-44) und Elisabeth erkannte, dass ihre Preziosen hereinpassen würden. So wurde die Gallery samt der Royal Mews 1962 den Untertanen, die sie mit ihren Steuern bezahlt hatten, zugänglich gemacht. Nach extensivem Umbau für 15 Millionen € eröffnete sie zum Thronjubiläum 2002 mit der Ausstellung Royal Treasures (Gemälde, Möbel, Silber, Gold, Juwelen, Bücher), die den Wandel königlicher Geschmäcker seit Wilhelm III. reflektierte.

Royal Mews Buckingham Palace Rd, SW1, T. 7766 7302. www.the-royal-collection.org.uk. 400m nördl. von U Victoria, 200m südl. vom Palast. März-Sep tgl. 10-17h, Okt 11-16h, Einlass bis 16.15/15.15h. Eintritt 9/7 €, Kind (5-17) 5 €, Familie 22 €. Kombiticket siehe Queen´s Gallery.

Erst Falknerei, dann Hofreitschule (18. Jh.), beherbergt Royal Mews heute alle Kutschen samt Geschirr der Royals. Mit dabei ist die goldüberzogene Staatskalesche (1762), seit Georg III. heimlicher Star jeder Krönung. Auch der Glaskutsche (1910) für royale Hochzeiten fehlt es nicht am nötigen Geglitzer. In den Reitställen (1820) langweilen sich die Polopferde der Königin, allesamt der Marke Windsor Greys und Cleveland Bays.

Elisabeth & Hirohito: Worüber reden Majestäten?

Während des Staatsbesuchs der Queen in Japan 1969 kam es auch zu einem einstündigen Privatgespräch mit Kaiser Hirohito. Anschließend soll sie bemerkt haben: „Dieser Mann kann über nichts reden als über tropische Fische.“ Seinerseits klagte (laut A.N. Wilson) der Kaiser gegenüber seinem Stab: „Diese Frau kann über nichts reden als über Pferde.“ Wer die Queen verstehen will, ist also in den Royal Mews bestens aufgehoben.