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Thron

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Thronzeremoniell

Wo ist der Krönungsstein?

Unter dem Eichensessel im Sanktuarium, dem Hochaltar zugewandt, lag 700 Jahre lang jener Krönungsstein (Stone of Scone) aller schottischen Herrscher bis 1296, den Eduard I. aus Schottland entführt hatte. 1996 gab ihn John Major den Schotten zurück, um ihren aufflammenden Nationalismus zu besänftigen. Wer mit dieser Insel zu Potte kommen will, sollte also begreifen, dass hier Politik mit uralten Steinen betrieben wird.

Rundgang. Im wesentlichen stammt der riesige, in sich so geschlossene Gebäudekomplex aus dem 13. Jh. Seine Grundzüge wurden unter Heinrich III. (König 1216-72) gelegt, daher gilt er als Paradebeispiel früher englischer Gotik, auch wenn das französisch angehauchte Mittelschiff erst 1388 vollendet wurde. Wesentliche Änderungen erfuhr die Abtei durch Heinrich VII., der 1519 die Kapelle hinter dem Hochaltar anfügte, und (natürlich!) durch Christopher Wren, der hauptsächlich die französisch-gotischen Ergänzungen verantwortete. Vom Ur-Bau aus dem 11. Jh. blieben nur Mauerreste.

Häufig wird Westminster Abbey als „Kathedrale“ bezeichnet. Das führt in die Irre, da es ja eine Westminster Cathedral gibt (siehe Pimlico). Zudem wurde die Abbey nie als bischöfliche Hauptkirche genutzt. Bis zur Auflösung durch Heinrich VIII. 1536 war sie ein Benediktinerkloster, heute steht sie unter direkter Verwaltung der Krone und ihr offizieller Name lautet: Collegiate Church of St Peter at Westminster.

Poet´s Corner. Promi-Abhaker zieht es magisch ins südliche Querschiff. Zwischen Gedenkstätten für Händel und Shakespeare versammeln sie sich im Poeten-Eck, in dem seit Beginn des 17. Jhs. berühmte Schriftsteller begraben wurden. Dass zuvor schon Geoffrey Chaucer (um 1340-1400) hier seine Grabstatt fand, war seiner Amtstätigkeit im Westminster-Palast geschuldet, nicht seinem dichterischen Werk. Ben Jonson (1573-1637), des Königreiches erster poeta laureatus, wurde hier aufrecht begraben; da verschuldet gestorben, ward ihm kein anständiges Grab zuteil.

Zu den letzten Poeten, bevor die Ecke niemanden mehr aufnehmen konnte, zählte Charles Lutwidge Dodgson (1832-98). Dodgson, der unter dem Pseudonym Lewis Carroll Alice in Wonderland verfasste, war Mathematikprofessor in Oxford und kleinen Mädchen ziemlich zugetan.

Poeten-Eck. Im Poet´s Corner liegt u.a. die Grabstätten bzw. Gedenksteine für:

John Milton (1608-74), epischer Puritaner.
Samuel Johnson (1709-84), letzter Großer der englischen Klassizisten.
Richard Sheridan (1751-1816), irischer (!) Sittenkomödiant.
John Keats (1795-1821), romantischer Naturlyriker.
Percy Bysshe Shelley (1792-1822), verunglückter Freiheitspoet.
Lord George Byron (1788-1824), Erfinder des Weltschmerzes.
Robert Browning (1812-89), dramatischer Monologist voller Gedankensprünge.
Charles Dickens (1812-70), leicht verschrobener Sozialkritiker.
Lord Alfred Tennyson (1809-92), schwülstiger Staatsträger.
Rudyard Kipling (1865-1936), inbrünstiger Künder des Imperialismus.
Dylan Thomas (1914-53), lyrischer Vorläufer der Beatniks.

An anderen Stellen liegen die Gräber von Heinrich VII., Maria Stuart, Karl II., Wilhelm III., Maria II. und Königin Anne (alle Henry VII Chapel), von Eduard dem Bekenner, fünf weiteren Königen und vier Königinnen (Chapel of St Edward), Elisabeth I. (Queen Elizabeth Chapel), dazu Gedenkstätten für Charles Darwin und mehrere Nobelpreisträger (Scientists´ Corner, n Seitenschiff). Um alle Stätten aufzuspüren, besorgt man sich am Eingang das Übersichtsblatt.

Cloisters. Nach soviel Pracht erscheint der quadratisch-mächtige Kreuzgang (tgl. 8-18h, Einlass bis 17.30h. Eintritt frei) fast banal. Dieses Gefühl legt sich, wenn man Alter und Funktion dieser Gemäuer bedenkt. Sein Portal stammt aus der Abbey-Frühzeit im 13. Jh., das Innere ist nur 100 Jahre jünger. Wer in s Richtung weiterschlendert, landet zwischen Dean´s Yard und Little Cloisters im 900 Jahre alten College Garden (Di-Do 10-18h, Nov-März -16h. Eintritt frei).

Old Monastery. Über einen Korridor ö vom Cloister gelangt man zu drei Museumsräumen, die unter der Obhut von English Heritage stehen (T. 7222 5897. www.english-heritage.org.uk. Tgl. 10.30-16h. Eintritt Dreierkarte 4 €, Kind (11-17) 2 €, mit Abbey-Eintritt 2/1 €, mit Abbey-Audioguide oder EH Pass frei).

Im achteckigen Chapter House (Kapitelhaus) schlendert man zwischen religiöser Wandmalerei über prächtig erhaltene Fliesen, die schon alle Könige des Mittelalters mit Füßen traten, da hier ihr Kronrat tagte. Einst die Königliche Schatzkammer, beherbergt das angrenzende Pyx Chamber noch die Truhe mit Standardgewichten aus Gold und Silber. Hinzu kamen später Schätze und liturgische Objekte der Abtei. Im Abbey Museum, dem südlichsten der drei EH-Räume, finden wir zwischen Rüstungen und Hinterglasmalerei die Totenmasken vieler Generationen von Monarchen. Unter den Wachsfiguren ragt Wilhelm III. (König 1689-1702) heraus – weil er einen Schemel erklettern musste, um mit seiner Gattin Maria auf Augenhöhe zu sein.