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Hampton

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Hampton (Surrey)

25 km sw von London. Dass man den größten aller englischen Paläste nicht auslässt, wenn das Budget ihn zulässt, steht außer Frage. Bloss wie hin gelangen?

Halbstdl. per Zug ab Waterloo (30 min) oder Apr-Okt halbstdl. per Boot ab Westminster (4 Std; siehe Herumkommen).

Wolseys Pracht: Was ist ein Kardinalsfehler?

Hampton Court begann mit einem Fehlstart. Es wurde 1514 im Auftrag Thomas Wolseys (1472-1530), Kardinal von York, im roten Backstein-Tudorstil errichtet, für eigene Zwecke. Doch Wolsey neigte nicht nur zur Selbstüberschätzung, er diente auch Heinrich VIII. als Lordkanzler. So ward der König bald des Prachtbaus ansichtig, und der war nun keiner, der die Tugend des Verzichts beherrschte. Angeblich musste Heinrich dem Kirchenmann nicht lange andeuten, dass eine Hütte von solchen Ausmaßen nur einem im Reiche zustehe ...

Die Beziehung der beiden war schon abgekühlt, weil Wolsey dem Papst kein Plazet zu Heinrichs Scheidung von Katharina von Aragon abtrotzen konnte. So blieb Wolsey 1529 nur ein Weg, seinen Kopf vor dem Beil zu retten: Er „schenkte“ Hampton Court dem König. Da aber Heinrichs Favoritin Anne Boleyn dem Kardinal auch nicht traute, bewahrte ihn selbst solche Großzügigkeit nicht vor der Anklage wegen Hochverrats. Noch vor der Verhandlung, über deren Ausgang kein Zweifel bestand, starb der gebrochene Lordkanzler 1530 im Tower.

Hampton Court Palace East Molesey, T. 8781 9500. www.hrp.org.uk. Bhf Hampton Court. Palast tgl. 9.30-18h (Nov-Feb -16.30h), Gärten & Parks tgl. 7h bis Sonnenuntergang. Eintritt Gesamtticket 19/14 €, Kind (5-15) 12 €, Familie 54 €; Irrgarten & Gärten je 6 €, Kind 4 €. Kombiticket mit Tower 30/23 €, Kind 20 €, Familie 86 €. Führung frei.

Während Erstbesitzer Wolsey im Tower schmachtete, ging der „beschenkte“ Heinrich VIII. munter an den Ausbau des Palastes, ließ Great Hall, Royal Chapel und Großküchen hinzufügen, bis Hampton Court schon 1540 zu Europas erhabensten Palästen zählte. Nach und nach brachte Heinrich fünf seiner sechs Frauen hier unter, doch von kurzen Intermezzi abgesehen wurde Hampton Court nie eine echte Königsresidenz. Das änderte auch Sir Christopher Wren nicht, der um 1690 für Wilhelm III. die stattliche Ostfassade und gedämpft-barocke Erweiterungen anbrachte, dazu die State Apartments renaissancig umbaute. Mehrmals sorgten Brände seither für Aufregung, doch auch der jüngste, im März 1986 in den King´s Apartments, hatte keine irreparablen Zerstörungen zur Folge. So stellt sich der Palast heute als grandiosestes Tudor-Bauwerk dar, das man gern stundenlang genießt, unbehelligt vom Regelkorsett à la Buckingham.

State Apartments. Hamptons Schätze umfassen goldene Gobelins, edle Holzschnitzereien und etliche Gemälde aus der Royal Collection, die mächtige Great Hall und die Großküchen, in denen man Schwätzchen mit Küchenmädchen „von damals“ halten kann. Am besten greift man beim Ticketschalter am Trophy Gate ein Faltblatt mit dem Tagesprogramm; daraus geht hervor, wann welche der sechs verschiedenen Führung startet und wo man sich dafür einfindet. Durch den Palast führt ein themen-orientierter family trail, während Führer in zeitgenössischen Kostümen Geschichten und Anekdoten vortragen.

Mitte der Natur

Hampton Parks. Einen halben Tag sollte sich nehmen, wer auch die satt-grünen Parks sehen will, die leicht an Versailles erinnern. Auf dem Tennisplatz von 1620 lassen sich betagte Herren des Real Tennis Court Club beim Jeu de paume-Spiel beobachten, das eher entfernt an Steffis Lieblingssport erinnert.

In den Riverside Gardens stößt man auf Rebanlagen, die noch Heinrich VIII. anlegen ließ. Die ältesten Weinstöcke datieren von 1768 und liefern pro Lese noch 250-300 kg Trauben. Na denn prost, z.B. auf einer Kutschenfahrt um die Gärten (20 min, 15 €).

Die Lower Orangery dagegen beherbergt, was Karl I. 1629 mit beachtlichem Gespür anschaffen ließ: Caesars Triumphe von Andrea Mantegna (1431-1506), dem ersten Großmeister der oberitalienischen Schule. In diesen neun imposanten Gemälden werden antike Details so getreu wiedergegeben, dass manche sie für die bedeutendsten Renaissancewerke außerhalb Italiens halten.

Maze. Wer gute Nerven und viel Zeit hat, lässt sich den berühmten Irrgarten mit 800m Wegen nicht entgehen, der 1690 aus Hainbuchen und Eiben angelegt wurde. Das Grünzeug wächst längst so dicht, dass kaum ein Besucher die Mitte schneller als nach 20 min findet.

Kinder. Unter Hits für Kids steht dieser Irrgarten weit oben. Aber Achtung, herauszufinden ist kein Kinderspiel!

Bushy Park . Der abgelegenste der Royal Parks (tgl. 7h bis Sonnenuntergang) umfasst hinter dem Palast einige Plantagen, Teiche und Brücken. Dazu kurvt Rot- und Damwild herdenweise über 400 Hektar fast naturbelassenes Grasland.