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Hampstead

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NW3: Hampstead

U Hampstead (Zone 2/3) und
Thameslink-Bhf Hampstead Heath.
Londons schönstes Dorf schmiegt sich 7 km nördl. von Westminster an einen Hügel, der angemessenen Weitblick zulässt. Während Chelsea manchem zu behäbig wurde, erfreut sich Hampstead des Zulaufs von Künstlern und Geistesmenschen – vor allem jenen, die bereits einen stabilen Ruf (und noch einiges andere) besitzen.

Promis in Hampstead

Hier ließen sich zeitweise die Schriftsteller Robert L. Stevenson und George Orwell nieder; die Maler William Hogarth und John Constable; die kecke Geliebte Karls II., Nell Gwyn (siehe Chelsea); Sigmund Freud, der vor den Nazis aus Wien floh; sowie in neuerer Zeit Elton John, Boy George und Sting. Charles Dickens prostete William Thackeray in Jack Straw´s Castle zu, John Keats spazierte mit William Wandsworth über die Heide und Charles de Gaulle verbrachte seine Exilzeit (1940-44) in 99 Frognal St.

Erst im 17. Jh. stieg Hampstead zum Kurbad auf, in dem Leiden ebenso kuriert wurden wie georgianische Langeweile. Letztere Therapie übernahmen Buden auf der weitläufig-kahlen Heide. Straßennamen wie Flask Walk und Well Walk wahren die Erinnerung an jene Zeit, als man zum Brunnen (well) ging, um ein Fläschchen (flask) Heilwasser zu schöpfen.

Spaziergang durch Hampstead

Weil es hier mal keine Reihenhäuser (terraced houses) gibt, gestaltet sich ein Spaziergang zwischen den Gärtchen und Cottages durchaus abwechslungsreich. Wenige Schritte südl. von U Hampstead, die steile High St hinab, beginnt die pittoreske Church Row mit Reethäusern und allerlei Terrassen. Auf dem „unordentlichen“, schattigen Friedhof von St John at Hampstead liegt Constable nebst Gattin begraben. Unter den Pubs von Holly Hill sticht der antike Hollybush hervor, Ex-Stammplatz des liebestrunkenen Malers George Romney. Weiter aufwärts dient Hampstead Grove als Maß des Reichtums. Dessen Stolz bündelt sich in einem der frühesten Häuser von Hampstead.

Walking Tours (T. 01494/755 572. Karte 9 €) haken die meisten der folgenden Gebäude ab, und noch ein paar mehr. Sie beginnen in den 1930ern (2 Willow Rd) und enden im 17. Jh. (Fenton House).

Fenton House 3 Hampstead Grove, Windmill Hill, NW3, T. 8435 3471. www.nationaltrust.org.uk. März-Okt Mi-Fr 14-17h, Sa/So 11-17h. Eintritt 7 €, Kind (5-15) 3,50 €, Kombiticket mit 2 Willow Rd 10 €.

Entzückende Kaufmannsresidenz (1693) mit vier Dachräumen (Aussicht!), ummauertem Garten, Rosenschau und Küchengarten. Zwischen allerlei Porzellan und altem Mobiliar findet man auch ein Kollektiönchen alter Spinette und Cembali, u.a. jenes (1612) von Händel. Während der Konzertreihe im Sommer werden sie noch regelmäßig alle 14 Tage betastet.

Burgh House New End Square, Flask Walk, NW3, T. 7431 0144. www.burghhouse.org.uk. Mi-So 12-17h. Eintritt frei.

Vom Fenton House überqueren wir die Heath St, um ein hübsches Gassenlabyrinth zu erobern. Am nördl. Ende des Flask Walk kümmert sich das Hampstead Museum im Burgh House um lokale Histörchen. Diese Villa (um 1700) im Queen Anne-Stil überrascht auch mit ordentlichen set lunches für 8 € im Buttery Tearoom.

2 Willow Road 2 Willow Rd, 300m östl. vom Burgh House, NW3, T. 7435 6166. www.nationaltrust.org.uk. Apr-Okt Do-Sa 12-17h, März/Nov Sa 12-17h. Eintritt 7 €, Kind (5-15) 3,50 €, Kombiticket Fenton House 10 €. Führung frei, tgl. 12/13/14h.

Das in Fachkreisen geschätzte Wohnhaus (1939) von Ernö Goldfinger (1902-87). Der ungarische Architekt war vor den Nazis emigriert und setzte hier seine Avantgarde-Ideen in Reinform um. Nicht nur als Beispiel für Vorkriegs-Modernismus ist das dreiterrassige Haus beachtenswert. Seine Sammlung moderner Kunst umfasst u.a. Max Ernst, Henry Moore und Marcel Duchamp, einige der Möbel sind echte Goldfinger-Prototypen.

Mord & Totschlag. Und was sieht da an der Außenwand des Magdala Pubs wie Einschusslöcher aus? Es sind Einschusslöcher. Vor dem Pub am South Hill Park erschoss 1955 Ruth Ellis in angetrunkenem Zustand ihren Ex-Freund. Dafür wurde sie als letzte Frau in GB gehängt. Ellis´ Familie kämpft bis heute um eine Revision: Das Todesurteil war wegen Mordes ergangen. Wer diese Ecke überlebt, hat´s nicht weit zu zwei romantischen Häusern, in denen Berühmtheiten ihr Ende erlebten: Keats und Constable. Vom Keats House ist es ein Katzensprung auf die Heide.

Keats House Keats Grove, Wentworth Place, NW3, T. 7435 2062. www.keatshouse.org.uk. 600m östl. von U Hampstead, Bus 24/46/168. Di-So 10-17h (Nov-Apr -16h). Eintritt 5/2,50 €, Kind (0-16) frei. Führung frei, Sa/So 15h.

Im Juni 1818 zog John Keats (1795-1821) in die weißgetünchte Regency-Hütte am südl. Rand der Heath. Unter Pflaumenbäumen entlockte der Sonnyboy der Romantik seiner Feder kiloweise saftige Naturlyrik, darunter die berühmte „Ode an eine Nachtigall“, die damit zu tun haben könnte, dass er gerade Fanny Brawne kennengelernt hatte. Das süße girl next door wurde später seine Verlobte.

Allerlei Liebesbriefe, Manuskripte und persönliche Besitztümer sind seit Juli 2003 im renovierten Häuschen einsehbar, plus zwei Locken von Fanny. Nach drei Lenzen in Hampstead verblich Keats in seinem Bettchen. Die Schwindsucht ...