Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Promis

Body: 

Charlie Chaplin

Warum erst mit 86 ein Sir?

Rund um die Brick Lane drehte Charlie Chaplin (1889-1977) ein halbes Dutzend Filme. Der kleine Meister mit den großen Schuhen kam ja aus einer Arbeiterfamilie in Spitalfields. Doch weil East End und Adelstitel selten zusammenpassen, musste Chaplin wegen Naserümpfern über seinen Lebensstil 19 Jahre lang auf eine Ehrung warten. Schon 1956 war geplant, ihn zum Sir zu schlagen, doch als Hüter des Rechten-Wahren-Guten erhoben die USA, wo er 1910-52 gelebt hatte, Einspruch. Chaplin habe 1918 eine Sechzehnjährige geheiratet, außerdem pflege er „kommunistische Neigungen“; unter diesen Verdacht fiel zur McCarthy-Zeit jeder, der ein Buch ohne Bilder richtig herum hielt. Erst 1975 ließen sich die Briten nicht mehr vorschreiben, welchen ihrer Söhne sie auf welche Weise ehren wollten, und machten Chaplin zum Sir.

Jack the Ripper

Die Spur von Whitechapel nach Amerika

Jack the Ripper – schon mal gehört? Heutzutage präsentiert das Fernsehen fast im Monatstakt Serienmörder aus aller Welt, gegen deren Opferzahlen sich Jack wie ein Parkstrolch ausnimmt. Doch 1888 machte er das schummrige Whitechapel weltberühmt. Seine makabren Taten stehen bis heute so hoch im Kurs, dass Londons Sensationspresse regelmäßig neue Schilderungen nachlegt. Es zählt dann zum guten Ton, sie mit angewidertem Gesicht abzutun – und sie förmlich zu fressen, sobald man allein ist. Das Spannende am „Schlitzer“ ist ja, dass über seine Identität trefflich spekuliert werden darf. Noch immer sind die Morde an fünf Prostituierten in Whitechapels nebligen Nebengassen im Jahr 1888 ungeklärt.

Die Opfer. Während andere Ripper-Rundgänge meist am Ten Bells Pub beginnen, bittet London Walks tgl. 19.30h zur U Tower Hill, um Jacks Spur von Bluttat zu Bluttat zu folgen (siehe Herumkommen). Ripper-Opfer Nummer 1 ist Mary Anne Nichols. Die 42-jährige Mutter von fünf Kindern wird am 31. Aug 1888 um 3.45h nachts in der Buck´s Row (heute Durward St, 50m nördl. von U Whitechapel) mit durchschnittener Kehle gefunden.

Acht Tage später, am 8. Sep um 5h morgens, fällt Annie Chapman dem „Schlitzer“ in die Hände. Fundort der Leiche: gegenüber der Christchurch vor 29 Hanbury St, beim Ten Bells Pub. Jack ist also eine nachtaktive Kreatur. Am 30. Sep erwischt es Elizabeth Stride vor der Schule in der Berner St (heute Henriques St, südl. der Commercial Rd). Die 45-jährige gebürtige Schwedin aus armen Verhältnissen war nur in Zeiten bitterster Not gelegentlich auf den Strich gegangen.

Aufs Widerlichste zugerichtet, wird Catherine Eddowes´ Leiche auch am 30. Sep gefunden, aber am Mitre Square bei Aldgate. Da beide Opfer am Vorabend unversehrt gesehen wurden, muss „Jack“ in dieser Nacht zweimal gemordet haben. Vielleicht passte Elizabeth Stride nicht vollständig in sein manisches Opferschema. Das fünfte Opfer, Mary Jane Kelly , lebt in 18 Thrawl St beim Miller´s Court, doch ihr trunksüchtiger Vermieter hat sie am 3. Okt 1888 mal wieder hinausgeworfen. So streift Kelly wohl durch die Gassen, bis sie gegen 2h nachts in der Buck´s Row ihrem Mörder begegnet. Diesmal verfällt er in den höchsten Blutrausch – am nächsten Morgen fanden Passanten Kelly vollständig zerstückelt.

Der Täter. Der Theorien über den Massenmörder sind nicht weniger als über das Kennedy-Attentat, doch viele Indizien weisen nunmehr auf eine Person. In ihrem Buch The Lodger (1997) halten Paul Gainey und Stewart Evans einen amerikanischen Chirurgen für den wahren Jack: Francis Tumblety hatte in vier der fünf Fälle auf der Verdächtigenliste gestanden. Kaum gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt, floh er nach Amerika, wo sich seine Spur verlor. In London hörten die Morde auf, doch wenig später ereigneten sich ähnliche Bluttaten in Nicaragua und Jamaika.

Als Hauptindiz gilt Gainey/Evans ein zuvor unveröffentlichter Brief des Leiters der Sonderabteilung von Scotland Yard, John Littlechild. Er war 1913 an einen Journalisten adressiert, verstaubte aber auf dem Dachboden eines Antiquariats, bis er über Umwege zum Kriminologen Evans kam. Aus diesem Brief geht hervor, dass Tumblety in London eine Praxis eröffnen wollte, bis er herausfand, dass seine Frau in einem Bordell arbeitete. Die Polizei nahm den Arzt 1888 fest, nachdem seine Hauswirtin Blut an einem seiner Hemden gefunden hatte. Warum man ihn auf Kaution freiließ, ist bis heute rätselhaft, denn bei einer Durchsuchung von Tumbletys Wohnung entdeckte Scotland Yard eine Sammlung von Gebärmüttern. Vier der Ripper-Opfer waren fachmännisch „ausgeweidet“.

Suche beendet? Vermutlich nein, denn zu groß ist die Verlockung, über Jack the Ripper neue Hypothesen anzustellen. Pfarrer der Umgebung wurden ebenso verdächtigt wie Dutzende von Polizeibeamten. Der Anwalt John Druitt wurde so in die Enge getrieben, dass er sich im Dez 1888 in der Themse ertränkte; erst danach konnte Scotland Yard seine Alibis verifizieren. Dem gebürtigen Polen George Chapman, 1903 wegen anderer Delikte gehängt, sollten die fünf Morde posthum in die Schuhe geschoben werden.

Doch Volkes Stimme hatte längst einen anderen im Visier: den jungen Grafen von Clarence. Der Sohn des späteren Königs Eduard VII. suchte oft Bordelle auf und starb bereits 1892 im Alter von 28 Jahren, vermutlich an Syphilis. Erwiesen ist, dass er ein Modell des Kunstmalers Walter Sickert, der dem Grafen Malstunden erteilte, geschwängert hat. Der Theorie zufolge bekam das fünfte Ripper-Opfer, Mary Jane Kelly, Wind davon und erzählte die Geschichte drei Frauen weiter. Sie versuchten die Königsfamilie zu erpressen und wurden deshalb von Sickert und dem Kutscher des Grafen aus dem Weg geräumt, samt der jungen Mutter. Der Rest sei Hollywood.