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Tower of London

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Tower of London

Tower Hill, Haupteingang: Tower Pier, EC3, T. 0870/756 7070. www.hrp.org.uk. U Tower Hill oder Boot bis Tower Pier. Mo 10-18h, Di-Sa 9-18h, So 10-18h (Nov-Feb jeweils -17h). Eintritt 22/16,50 €, Kind (5-15) 14 €, Familie 63 €. Führung siehe unten. Audioguide 5 €, auch in deutsch am Haupteingang.

Am sö Rand der City steht ihr ältestes Bauwerk, dieser Ausbund an Tragödien, Morden, Liebesaffären. Bis zu Elisabeth I. (1558-1603) diente der Tower als königliche Residenz, aber auch als Gefängnis für Gegner der Krone. Danach wurde das Reich nicht mehr von dieser 7,5 Hektar großen Anlage aus regiert; die Monarchen hielten sich die City wohlweislich vom Leibe und wohnten andernorts. Heute ist der Tower eines der seltenen Bauwerke, deren romanische und mittelalterliche Teile erhalten blieben, nun aber von modernen Hochbauten fast erdrückt werden. Man bestaunt die Kronjuwelen, eine umfangreiche Waffensammlung, mächtige Gemäuer – und kann sich unschwer vorstellen, dass sie den Londonern einst Angst und Schrecken einjagten.

Führungen. Hochgradig unterhaltsame Touren (1 Std, frei) mit einem der 40 Beefeaters beginnen tgl. halbstdl. 9.30-16.30h, Nov-Feb -15.30h am Middle Tower. Daneben bieten die Burschen tgl. bis zu acht short talks (40 min, frei) zu verschiedenen Aspekten, und zwar Mo-Sa 9.30-17h, So 10.15-17h, Nov-Feb tgl. 11.30-15h. Jede Tour ist kostenlos, doch 2-4 € Trinkgeld werden nicht abgelehnt.

Andrang im Tower: Lebend rein – und wieder raus?

Seufz, da hat wohl der Kassenwart Ihrer Majestät die Eintrittspreise gestaltet. Immerhin lohnt die stattliche Investition eher als in Buckingham, Kensington oder Mme Tussaud´s. Jährlich empfängt der Tower 2-3 Millionen Besucher. Um die Warteschlange zu umgehen, bucht man Tickets online, telephonisch (jeweils minus 1,50 €) oder kauft sie vorab an einer beliebigen U-Station. Wer auch Hampton Court besuchen will (gute Idee!), spart dank Kombiticket etwa 15% gegenüber dem Einzeleintritt: 30/23 €, Kind 20 €, Familie 86 €.

Auch im Tower gilt: The early bird catches the worm. Früh kommen (zumal im Sommer), 2-3 Std einplanen. Übrigens: Des Towers Werbeparole lautet A day out to die for. Das würden drei Ex-Königinnen glatt unterschreiben.

Geschichte. Wenn man Shakespeares Richard III. Glauben schenken dürfte, hat Julius Cäsar den ersten Tower an dieser Stelle errichtet. Aber da ging wieder die Phantasie mit dem Barden durch. Zwar legten die Römer etliche Mauern gegen die „Barbaren“ an, aber ein Tower ist erst auf Wilhelm den Eroberer zurückzuführen, der ihn auch als Zwingburg gegen aufmüpfige Anwohner ersann. Seine ursprüngliche Holzfestung mit Erdwall ersetzte er 1076-78 durch den White Tower, mit Kalkstein aus Caen und Sandstein aus Kent.

Der Komplex in seiner heutigen Form ist das Werk Heinrichs III. (König 1216-72), der auch zwei 5m starke Ringmauer mit Wachtürmen hochziehen und dann alles mit einem breiten Burggraben umgeben ließ. Bis dahin hatten sich die Könige im White Tower sicher gefühlt, doch Heinrich befand, es sei Zeit für eine fesche Palastanlage, die er bis ans Wasser setzen ließ. Nachdem Ludwig IX. von Frankreich ihm 1255 einen Elefanten geschenkt hatte (das erste Rüsseltier auf der Insel seit der Römerinvasion), legte Heinrich auch die Royal Menagerie an. Dieser „Tierpark“ wurde erst 1835 umgesiedelt, als ein Löwe mehrere Soldaten angegriffen hatte. Alle Tiere kamen in den Regent´s Park, wo kurz zuvor der Zoo eröffnet hatte.

Im frühen Mittelalter erlebte der Tower Morde im dreckigen Dutzend, und war doch auch Königssitz, Arsenal, Schatzkammer und Münzanstalt. Olet pecunia? Non olet. Als Heinrich VIII. 1529 mit seinem Tross nach Whitehall umzog, gewann eine andere Funktion die Oberhand: als gefürchteter Staatsknast.

Erst nach der Rückkehr zur Monarchie 1660 saßen Londons wichtige Köpfe halbwegs fest auf ihren Schultern. Der Tower erhielt nun eine Garnison, das Arsenal wurde erweitert, erstmals durften Bürger straffrei aufs Gelände, um z.B. die Kronjuwelen zu betrachten. Was später an An- und Neubauten hinzukam, ließ Viktorias hellsichtiger Prinz Albert in den 1850ern schleifen. Immer deutlicher wurde der touristische Wert des Towers für eine Stadt, die Kosten und Nutzen bis heute kommagenau auszurechnen versteht.

Promis im Tudor-Knast

Allein zur Tudorzeit saßen u.a. ein:
Thomas Wolsey, Erzbischof
Thomas Morus, Kanzler
Anne Boleyn, Königsgemahlin
Catherine Howard, Königsgemahlin
Thomas Cranmer, Erzbischof
Jane Grey, Königin für neun Tage
Elisabeth I., später englische Königin
Maria Stuart, vorher schottische Königin
Robert Devereux, Liebhaber der Königin
Walter Raleigh, Liebhaber der Königin

Außer Elisabeth wurde der Tower allen Genannten zur Endstation. Im Zweiten Weltkrieg gab er nochmals ein Knast-Intermezzo, um über England abgeschossene Piloten der deutschen Luftwaffe aufzunehmen, u.a. Hitlers Vize Rudolf Hess, der als Friedensemissär ohne Durchblick 1941 in Schottland gelandet war.

Rundgang durch den Tower

Erwähnt werden nur ausgewählte Bauwerke und Ausstellungen. Zu allem übrigen geben die Beefeaters auf Führungen bereitwillig und anekdotenreich Auskunft.

Festungswälle. Den Tower umgeben zwei Wälle, deren äußerer sechs Türme und zwei Tore hat. Er war ursprünglich von einem Festungsgraben (moat) umgeben, den die Themse speiste, bis er 1843 trocken gelegt wurde. Besucher betreten die Anlage durch das Westtor, vorbei an Middle Tower und Byward Tower, und gelangen dann über die Water Lane zum St Thomas´s Tower (1275-79). Hier steht jenes Traitor´s Gate, an dem Themseboote anlegten, um Gefangene abzuliefern. Dass es kein Freedom Gate gibt, durch das als unschuldig befundene Verdächtige entlassen wurden, stimmt uns auf die nächsten Etappen ein. Das Reich von Mord und Totschlag beginnt mit dem inneren zwölftürmigen Schutzring, dem Ballium-Wall.

Wakefield Tower. Im ersten Turm (1220-40) neben dem Verrätertor wird mit Thronreplikat und großem Kandelaber nachgestellt, wie er im 13. Jh. ausgesehen haben mag. In der angeschlossenen Kapelle fand man 1471 die Leiche des ermordeten Heinrich VI. (König 1422-61 und 1470-71).