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City-Besuch

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Königliche Visiten

Besuche der City muss sich jeder Monarch vom Lord Mayor genehmigen lassen, denn seit ihnen Wilhelm der Eroberer 1067 die königliche Charta überreichte, sind ihre Bürger sehr auf den Erhalt ihrer Vorrechte bedacht. So dürfen keine Truppen durch die City ziehen, und wenn Elisabeth II. mal vorbeikommt, fährt die Prozession nur bis Temple Bar, wo ein Stadttor stand, bis es 1878 verkehrstechnischen Erwägungen zum Opfer fiel. Alsdann ist es ihr gestattet, in einer festgelegten Zeremonie „den Schlagbaum“ (heute ein gespanntes Seil) des Tempelbezirks zu überschreiten. An der Stadtgrenze reicht der Lord Mayor der Königin das Schwert der City, von dem man behauptet, dass es von Elisabeth I. stamme. Die Monarchin berührt es und deutet dann an, dass der Lord Mayor es tragen solle. Nunmehr schreitet er der Königin voran, solange sie sein Gast ist; bis sie die City wieder verlässt, bleibt er für ihre Sicherheit verantwortlich. (Welch Alptraum für die arme Frau, die vielleicht nur schnell einen Joghurt in der Innenstadt holen wollte.)

Sinnigerweise ist Elisabeths Gemahl, Prinz Philipp, Mitglied der fishmongers (Fischhändler), einer der Gilden, die den Lord Mayor wählen, der Ihrer Hoheit dann das Schwert usw. Die Königin ihrerseits ist freeman der haberdashers (Schnittwarenhändler).

Zeremonien der City: Cognac oder Gin?

Wie das Jobprofil des Lord Mayor ahnen lässt, nehmen Zeremonien keinen Randplatz im Leben der City ein. Einige companies gedenken auf ihren Banketten noch Eduards des Märtyrers (König 975-79), der meuchlings erstochen wurde, als er einen Weinkelch leerte. Um derlei Ungemach abzuwenden, trinken alle Geladenen aufrecht und Rücken an Rücken. Verräter bleiben also nicht unerkannt.

Bei den Tuchmachern fragt die Bedienung nach jedem Festessen: „Sir, speisen Sie mit dem Magistratsbeamten oder mit Lady Cooper?“ Was nichts anderes bedeutet als „Cognac oder Gin?“ Diese Redensart geht auf das 17. Jh. zurück, als Lady Emily Cooper der Tuchmachergilde vorwarf, ihren Mann mit schlechtem Cognac ins Grab gebracht zu haben. In ihrem Testament vermachte sie der Gilde eine stattliche Summe, damit künftig zum Abschluss jedes Mahls Gin serviert werde, der soviel gesünder sei.

Dick Whittington

Hochgehalten wird auch das Andenken an Dick Whittington, der von 1397-1419 viermal als Mayor diente. Er ist eine Hauptfigur der Londoner Folklore, derzufolge er als Habenichts in Gloucester geboren wurde, später ein Vermögen erwarb und es der City für karitative Zwecke hinterließ. Als Whittington mit seiner Katze aus London heimziehen wollte, hörte er angeblich auf der Höhe von Highgate, also ein gutes Stück Wegs von der City, die Glocken von St Mary-le-Bow läuten: „Kehr um, Dick Whittington, und du wirst dreimal Lord Mayor werden.“ Elect three, get one free, sozusagen.

Aufführungen dieses Rührstücks als Weihnachts-Pantomime werden in London hochgeschätzt. Dieses Genre entleiht seine Themen alten Kinderreimen, nimmt Missgeschicke aufs Korn und verfremdet Volkslieder. Heraus kommt ein typisch londrischer Mix aus Romantik und Patriotismus, bei dem Travestitenrollen für Stimmung sorgen. Der junge Premier wird von einer Frau gespielt, seine Mutter von einem Mann usw.

Beating the Bounds

Am Himmelfahrtstag beginnt dieses Uralt-Ritual mit einem Gottesdienst. Begleitet von Yeomen warders, gefolgt von Schaulustigen, ziehen die Chorjungen aus, um mit Weidengerten die 29 bestehenden Grenzsteine zu schlagen. Bei der Ankunft erklärt der Kaplan: Cursed be he who removeth his neighbour´s landmark. „Verflucht sei, wer seines Nachbarn Grenzstein beseitigt.“ Daraufhin befiehlt der oberste Yeoman: Whack it, boys! Nachdem die Steine verhauen wurden, kehren alle zum Tower zurück, singen die Nationalhymne und sind davon überzeugt, dass die Grenzen für ein Jahr gesichert seien.

Grenzsteine: Warum wird das Wasser gehauen?

Im Mittelalter war beating the bounds die beste Art, dem leseunkundigen Pöbel die Bedeutung der Grenzsteine zu erklären. Mehrere Exemplare finden sich an unerwarteten Stellen, etwa über der Bar im George & Vulture (Lombard St) oder mitten in der Themse wie der Grenzstein von St Clement Danes, der vom Boot aus zu schlagen ist. Dazu packt man einen Jungen bei den Knöcheln und hält ihn übers Wasser, auf dass er auch hier tüchtig die Grenze markiere.