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Barbican / Guildhall

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EC2: Von Barbican zur Guildhall

Museum of London

Während EC1 Spezialinteressen bedient, ist der nördl. City-Teil für alle da. Manchem sind in EC2 die Sprünge zwischen den Jahrhunderten zu brutal, doch ein Spitzenmuseum rückt alle Eindrücke an ihren rechten Platz.

Barbican Centre Silk St, EC2, T. 7638 8891. www.barbican.org.uk. 150m östl. von U Barbican. Mo-Sa 9-23h, So 10.30-23h. Eintritt je nach Veranstaltung.

Wo einst ein Wachtturm (barbican) die nördl. Grenze der City bewachte, machten deutsche Bomben 1940/41 alles platt. Hier erwarb das London County Council 1958 ein Riesengrundstück, um darauf einen Wohn- und Kulturkomplex aus der Schönen neuen Welt zu errichten. Leider waren die damals bejubelten Ansichten vom Leben in der Zukunft schon überholt, als der letzte Barbican-Abschnitt 1982 eröffnete. Gegen dieses Betonmonstrum wirkt Berlins Märkisches Viertel wie ein grünes Idyll. Um sich im Labyrinth von 6500 Wohnungen, 40-geschossigen Hochhäusern, Cafés, Pubs und zugigen Einkaufspassagen auszukennen, müsste man ein Proseminar belegen. Falls die Barbican-Baumeister dem Menschen seine Winzigkeit demonstrieren wollten, ist es ihnen in nobler Weise gelungen.

Kultur. Nur gut, dass der „Wachtturm“ im Inneren u.a. durch London Symphony Orchestra und London Classical Orchestra wieder auf ein angenehmeres Maß erhoben wird. Das Angebot in Barbicans Theater, Kino, Konzertsälen, Ausstellungshallen ist erste Sahne (siehe Unterhalten).

Kunst. Die Barbican Art Gallery (Level 3. Tgl. 10-18h, Mi -21h. Eintritt 12/9 €, Kind (0-12) frei) lässt gerne mehrere Ausstellungen parallel laufen, etwa Photo und Crossover Kunst/Mode, während The Curve sich zeitgenössischen Künstlern zuwendet.

Museum of London 150 London Wall, EC2, T. 7600 0807. www.museumoflondon.org.uk. 400m südl. von Barbican. Mo-Sa 10-17.50h, So 12-17.50h. Eintritt frei, Sonderausstellungen 8/5 €.
Sonderlob. MoL ist ein modernes (1976), pädagogisch wertvolles Museum zum Liebhaben. Die Epochen der Stadtgeschichte werden klar gegliedert und Zusammenhänge spannend dargestellt (auf englisch).

Der Rundgang beginnt mit einem Modell der Landschaft, wie sie vor der Gründung Londiniums ausgesehen haben mag, und führt über Szenen römi-, sächsi-, normanni- und mittelalterlischen Geschehens zur Gegenwart einer Weltmetropole. Wem ein Aspekt des Alltagslebens einfällt, der hier nicht angeschnitten wird, melde sich umgehend bei der Museumsleitung. Die rot-güldene Märchenkutsche des Lord Mayor kann´s nicht sein, denn die parkt hier mitten im Erdgeschoss, falls er sie nicht für eine Spritztour ins Grüne benötigt.

Von der Roman Gallery aus sind Reste römischer Befestigungen zu sehen und abends hübsch beleuchtet. Hier liegen auch Sarg und Skelett jener Princess of the City, über deren Leben vor 1600 Jahren die Wissenschaft so viele spannende Erkenntnisse lieferte, dass sogar ihr Gesicht nachgebildet werden konnte. Eine prähistorische Galerie blickt auf 500.000 Jahre London before London, jene Zeit, als Hippos über den Trafalgar Square trampelten und Heathrow ein Eisenzeitnest war.

Kinder. Vieles ist kindgerecht aufbereitet, den meisten Anklang beim Nachwuchs findet aber die Great Fire Experience zum Brand 1666, der Nachbau einer viktorianischen East End-Gasse (lauter Dickens-Szenen zum Durchmarschieren) und der Central Garden mit allerlei seltsamem Gepflänz.

Pause. Im hübschen Museum Café (tgl. -17h) gibt es leichte Kost, Tische unter freiem Himmel und eine römische Wasserpumpe zur Selbstbedienung. Im Buchladen fehlt es nicht an Stoff zur Stadtgeschichte.

Guildhall

Gresham St, EC2, T. 7606 3030. www.corpoflondon.gov.uk. 400m nw von U Bank. Tgl. 9.30-17h, Okt-Apr Mo-Sa, Einlass bis 16.30h. Eintritt frei. Führung frei (mind. 10 Personen, Termine: T. 7606 3030-1463).

Wohlan, der nächste prächtige Brocken. Sein Besuch lohnt nur, wenn man sich eingehend mit dem Sonderweg der City beschäftigt. Seit 800 Jahren wird sie von der Guildhall aus verwaltet, seit 1411 nachweislich am jetzigen Ort, im Zentrum der Quadratmeile. Auf mittelalterlichen Mauern ruht bereits das fünfte Holzdach, das jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg ein neues Aussehen bekam. Dem schönen alten Gebäude konnte der blitz nichts anhaben, doch die Moderne hat ihm eine obszöne Tentakel aus Beton drangeklatscht.

Seit dem 15. Jh. dient die Guildhall dem Lord Mayor als Repräsentationssitz. Fensterinschriften verzeichnen jeden dieser Burschen seit 1189. Bei Zeremonien spielt die Great Hall eine zentrale Rolle. Bis auf Denkmäler der üblichen Verdächtigen (Churchill, Nelson, Wellington), die legendären Riesen Gog und Magog sowie die Banner aller livery companies steht sie leer, um einmal monatlich Sitzungen des Court of Common Council und einmal jährlich den Trubel der Mayor- und Sheriffwahl bewältigen zu können.

Darunter liegt Londons größte mittelalterliche Krypta (15. Jh.), mit Purbeck-Marmor und Bildern des Großen Feuers auf 19 bemalten Glasfenstern.

Livery Companies: Wo sind Milk St und Honey Lane?

Wie wohlhabend die City bis heute ist, bezeugen ihre livery companies. Seit dem 12. Jh. sorgten diese Gilden für die Ausbildung der Lehrlinge und vertraten die Interessen eines Handwerkszweiges. Reichere Gilden legten sich bald große halls (Gildehäuser) zu, und ihre Vorsitzenden trugen vornehme Livrées; daher der Name livery. Unter Heinrich VIII. gab es mindestens 92 Halls, doch nur 23 trotzten Großem Feuer und Bombenhagel. Viele Halls beherbergt heute Wohlfahrtsverbände. Von einst 300 Gilden bestehen noch 107, von denen zwölf als principal companies gelten. Sie machen die Spitzenämter in der Stadtregierung unter sich aus, doch ihr Einfluss ist nur noch symbolischer Art. Ein Marsch etwa durch die Lombard Street führt an den Gildehäusern der Kurzwarenhändler, Tuchmacher, Fischverkäufer, Goldschmiede, Weinhändler und Buchhalter vorbei. Erst im 19. Jh. überflügelten die Finanzmärkte den Großhandel. Seither holpert die City in jenem Takt voran, der stets auf den nächsten Bang wartet.