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Museen

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WC1: Bloomsbury

Was muß man noch sehen

Das Erlebnis von Schönheit, mindestens das. Schönheit drückt sich nicht darin aus, dass Bedford Place zum Russell Square führt. Damit sind nur Geradheit, Leere, Symmetrie eines Straßenzuges erfasst. Aber man wird auch erleuchtete Fenster, ein spielendes Grammophon, eine verborgene Freude finden, die hie und da aufblitzt, wenn durch ein offenes Fenster Tischgesellschaften sichtbar werden, junge Menschen, die auf- und abschlendern, Männer und Frauen, die sich unterhalten, müßige Hausmädchen, die auf die Straße schauen (...), zum Trocknen ausgebreitete Strümpfe auf dem Fenstersims, ein Papagei, Grünpflanzen. Und auf dem großen Platz, über den Taxis sausen, verbummeln Pärchen die Zeit.

So schilderte Virginia Woolfs Mrs. Dalloway 1925 „ihr“ Viertel. Doch selbst Bloomsbury verliert langsam seine Ruhe. Unter dem Druck des Kapitals werden squares und mansions zunehmend durch (selten gelungene) Hochhäuser erdrückt, und dichter Verkehr tut das Übrige, um jene träumerische Atmosphäre à la Woolf zu zerstören. Jenseits der Tottenham Court Rd spiegeln sich in modernen Glasbauten die Umrisse des gigantischen BT Tower, der bei seiner Errichtung 1965-67 höchst umstritten war. Doch wo manche Gebäude einander an Hässlichkeit übertrumpfen, entdeckt man eine merkwürdige Kirche.

St George Bloomsbury Bloomsbury Way, off Oxford St, WC1, T. 7405 3044. www.wmf.org.uk. 300m westl. von U Holborn. Mo-Fr 9.30-17.30h, So 10.30-12.30h. Eintritt frei.

Innen gleicht Nicholas Hawksmoors Werk (1716-31) weiterhin einem bürgerlichen Speisesaal, doch dank der 2005 beendeten Renovierung ist nun auch sein Äußeres, ein barocker Karneval, unter der rauchgeschwärzten Fassade wieder zu erkennen. Den Portikus krönen korinthische Kapitelle und ein bizarres Türmlein, ein pyramidenförmiges Treppchen führt zur Statue, die Georg I. in einer römischen Toga darstellt. Angeblich ließ sich Hawksmoor vom Mausoleum von Halikarnassos inspirieren, also lagerten ursprünglich gar Löwen und Einhörner zu Füßen des Königs. Da aber dieser Haufen selbst die Viktorianer schockierte, diese Meister schlechten Geschmacks, ward die Menagerie wieder entfernt.

Musik. Regelmäßig finden Sommerkonzerte und Mittagsmusik (Di 13.10h) statt, und der So-Gottesdienst wird oft von Opernsängern begleitet.

Dickens Museum

48/49 Doughty St, off Guildford St, WC1, T. 7405 2127. www.dickensmuseum.com. 700m östl. von U Russell Square. Mo-Sa 10-17h, So 11-17h. Eintritt 8/6 €, Kind (5-15) 4 €, Familie 20 €. Führung frei, Di 14.30h.

An acht Londoner Adressen lebte Charles Dickens (1812-70) im Laufe seines Lebens, nur eine davon blieb erhalten. In diesem georgianischen Haus logierte er mit seiner umfangreichen Familie von Apr 1837 bis Dez 1839. Wenn man weiß, wie intensiv Dickens gearbeitet hat, ist die Unmenge von Manuskripten, Briefen, Dokumenten im kleinen, atmosphärisch dichten Museum zu erahnen.

Immerhin vollendete er hier die Pickwick Papers, Oliver Twist und Nicholas Nickleby. Seine elf Zimmer samt vollständiger Küche vermitteln einen guten Eindruck vom Leben der Bürgerschicht jener Zeit; dieser war Dickens ja trotz des steuerhinterziehenden Vaters zuzurechnen. Nach Erscheinen seiner Bestseller jedenfalls.

Lesungen. Regelmäßig erwecken Lesungen den großen Mann und seine Gestalten wieder zum Leben. Doch deren Beste, The Sparkler of Albion (www.sparkler.uk.net), Londons beliebteste Ein-Mann-Schau (seit 1991 pausenlos), gibt´s nicht mehr: Geoffrey Harris starb Ende 2004 an Krebs.