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Rundgang durch Toledo

Kathedrale, Domschatz und Sakristei

Gotische Kathedrale: Zutritt täglich 10.30-13h und 16-18h, im Sommer sogar bis 19h. Der Eingang liegt an der Plaza del Ayuntamiento und die Kasse, wo man die Eintrittskarten löst, im Kreuzgang. Das Ticket gilt für die Sakristei, den Chor, den Kapitelsaal und den Domschatz. Genügend Zeit mitbringen.

Die Kathedrale steht an der Stelle einer alten westgotischen Kirche. Mit den Bauarbeiten wurde im 13. Jh. begonnen, jedoch wurden sie erst zwei Jahrhunderte später abgeschlossen. Der Stil ist darum nicht ganz einheitlich, sondern weist alle Nuancen der Gotik auf, von der französischen Frühgotik bis zur vollendeten spanischen Spätgotik. Die Kathedrale besitzt einen großartigen Glockenturm (war zuletzt nicht zu besichtigen) und ein sehenswertes Hauptportal, die Puerta del Perdon, mit überwältigendem Figurenreichtum. Das Portal geht auf den Plaza del Generalísimo hinaus. Ist die Kirche trotz der diversen Änderungen, die im Laufe der Jahrhunderte vorgenommen wurden, schon in ihrem Äußeren faszinierend, so erst recht in ihrem Innern. Beim Betreten des Kirchenschiffs erstaunt zunächst einmal dessen Weitläufigkeit, gar nicht mal so sehr die Höhe.

Domschatz: eine schöne Decke im Mudéjarstil wölbt sich über eine hundertundachtzig Kilogramm schwere Monstranz aus vergoldetem Silber. Eine hübsche Beigabe sind die mit Buchmalerei geschmückten Bibeln aus dem 13. Jahrhundert.
Sakristei: ein großartiges Museum für sich, mit Gemälden von keinen geringeren Meistern als Ribera, Tizian, Velázquez, Van Dyck, Raffael, Zurbarán und Rubens. Und dann birgt sie zahlreiche Schöpfungen El Grecos, die hier viel besser zur Geltung kommen als im förmlichen Rahmen des Prado. Goya ist ebenfalls mit einem Gemälde vertreten: es beeindruckt durch seine Lichteffekte, beleuchtet heitere und elende Gesichter von Bettlern, die sich um Christus drängen. Meisterhaft! Eine der wenigen Sakristeien, die man gar nicht wieder verlassen möchte.
Chor: der untere Teil des prächtigen Gestühls aus dem 15. Jh. ist mit ungewöhnlich detaillierten Szenen von der Eroberung Granadas geschmückt. Rund herum sind herrliche, von Berruguete geschaffene Alabasterreliefs arrangiert.
Sich im Chorumgang, der sich um die Capilla Mayor windet, das barocke Ungetüm mit Wandmalerei darüber ansehen, das so gar nicht hierher paßt. Ein architektonisches Meisterstück der Transparenz von Narajo Touré.
Das Allerheiligste bzw. die Capilla Mayor enthält einen großen Retabel in gotischem Flamboyantstil und schöne Grabmäler.
Nun eine Preisfrage: wer errät, welche beiden der Bischofsbildnisse im Kapitelsaal von Goya gemalt sind? Wir sind ja nicht so und geben es preis: es sind die aus den Jahren 1804 und 1823. Selbst bei solchen Auftragsarbeiten sticht Goya sichtbar gegen den Rest ab! Faszinierend ist auch das Wandgemälde »Das Jüngste Gericht«, auf dem eine Ratte einer gemeinen Sünderin an den Haaren zupft. Man achte auch auf die schönen Türflügel.
Alcázar: Öffnungszeiten: 9.30-13.30h und 16-18.30h. Montags kein Zutritt. Eintrittsgebühr.

Die Besichtigung dieses Bauwerks ist eher zweitrangig und erfordert einige humorvolle Nachsicht, da man sonst mit enttäuschtem Gesicht wieder herauskommt. Die Festung, aus dem 13. Jh. stammend und unzählige Male zerstört, diente zuerst dem Cid, später dann Karl V. als Residenz. Nach der Belagerung Toledos durch die Republikaner 1936 blieben von der stolzen Burg nur noch Trümmer übrig. Sie wurde zwar technisch einwandfrei wieder aufgebaut, dabei ging jedoch jeglicher Reiz verloren. Der Alcázar von Toledo war lange Zeit für die spanischen Faschisten wie für andere Militärdiktaturen der Welt Symbol des »christlichen Widerstands« der westlichen Welt gegen die roten Barbaren. Schon am Eingang läßt sich klar erkennen, wer sich zu den Freunden der Faschisten in Spanien zählte: die Gedenktafeln sind Schenkungen der chilenischen Armee aus dem Jahre 1975, zwei Jahre nach dem blutigen Putsch, der Argentinier von 1973, Robert Brasillachs, eines französisichen Schriftstellers, der nach der Befreiung des Landes als Kollaborateur erschossen wurde, Alfredo Stroessners, des erst kürzlich gestorbenen Diktators aus Paraguay usw. In den Kellergewölben hatten sich während der Belagerung sechshundert Frauen und Kinder versteckt. Ausstellungstücke in verschiedenen Sälen rühmen die »heldenhafte« Verteidigung des Alcázars gegen die Republikaner. Ein gelungenes Modell und Fotografien zeugen von der Brutalität der Kämpfe. Im wiederaufgebauten Innenhof hat man einen von Kugeln durchsiebten »Gedächtnisbogen« stehen lassen - unser geschichtsbewußter Kanzler hätte seine Freude dran! Neugierige dürfen auch das Büro des damaligen Kommandeurs in Augenschein nehmen. Es wurde so belassen, wie man es vorgefunden hatte. Er war bereit, viel für die große Sache zu opfern; sogar, als er aufgefordert wurde, sich zu ergeben, da anderenfalls sein Sohn getötet werden würde, weigerte er sich, auf die Erpressung einzugehen. In neunzehn (!) Sprachen berichtet eine Wandtafel von dieser Episode. Nun reicht es aber mit den geschmacklosen Huldigungen an die Frankisten, wenden wir uns lieber wieder Erquicklicherem zu!

Sämtliche Stätten, Bauwerke und Museen, die wir jetzt beschreiben, sind in ein und demselben Viertel zu finden.