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Cartuja

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Sehenswürdigkeiten in Granada

Cartuja (Kartause)

Der katholische Einsiedlerorden hat sich damals einen Hügel nordwestlich des Stadtkerns zur Bleibe auserkoren. Nur nahm den Mönchen damals noch nicht ein Bus (Linie 8) den beschwerlichen Fußweg ab. Deren von schroffer Askese geprägtes, rein kontemplatives Leben dürfte die Besorgungsgänge in die Stadt ohnehin begrenzt haben. Damit niemand vor verschlossenen Portalen steht, hier die Besichtigungszeiten: 10-13h und 15.30-18h. Sonntagmorgens kostenfreier Einlaß. Wer sich für Barock begeistern kann, sollte sich diesen Abstecher im Buch rot anstreichen. Der Gegensatz könnte nicht deutlicher ausfallen: nach der heiter-friedvollen Ausstrahlung der Gebäude in der Alhambra entlocken uns die »hyperbarocken« Exzesse des Chorraums, des Sagrario (Tabernakel) und der Sakristei bestenfalls ein mitleidiges Lächeln. Weniger ist eben manchmal mehr!

Hat man den schlichten Eingang der Kartause erst durchschritten, liegt ein mit Orangenbäumchen bepflanzter Patio vor uns. In den Räumlichkeiten rundherum werden die erstaunlichen Gemälde Sanchez Cotáns - häufig in einem beklagenswerten Zustand - ausgestellt. Dieser künstlerisch begabte Mönch trat dem Kartäuserorden bei und landete zu Beginn des 17. Jhs in der Kartause zu Granada. Die zahlreichen Werke wurden eigens für den Zweck geschaffen, diesen Räumen als Schmuck zu dienen. Man könnte einige Beispiele aufzählen, wo es dem Betrachter vor der schwer lastenden, düsteren Atmosphäre seiner Bilder kalt den Rücken hinunterläuft. So das Gemälde im Refektorium über Leben und Martyrium des Heiligen Bruno, dessen verwirrende Härte kaum zu übertreffen sein dürfte. Gerade die offensichtliche Schlichtheit der Exponate verleiht diesen ein gesteigertes Maß an Heftigkeit, ja Rohheit. Dass es den tafelnden Mönchen bei diesem Anblick nicht den Appetit verhagelt hat! In den anschließenden Sälen geht das so weiter.

Wenden wir uns nun dem Chorraum und seinem mit kostbaren Einlegearbeiten verzierten Portal zu. Das Schiff lockern Gemälde von Bocanegra und Sanchez Cotán optisch auf. Unter einem Baldachin prangt eine Darstellung von Christi Himmelfahrt. Hier im Chorraum zeigen sich bereits Anklänge an den delirierenden Barockstil mit seinen sich munter vermehrenden pausbäckigen Putten und schwülstig-überladenen Stuckelementen.

Hinter dieser Ascensión dann noch das Sagrario genannte Kapellchen aus dem 18. Jh., welches gleichfalls im Barock schwelgt. So gelangten mehrere, farblich unterschiedliche Marmorarten zur Verwendung, übertreffen sich die Goldverzierungen und ausufernden Reliefdarstellungen. Dem Blick des Betrachters bietet sich jedenfalls nicht ein einziger Ruhepunkt.

Auf der linken Seite greift auch die Sakristei tief in die Mottenkiste barocken Überschwangs. Der Exzeß erreicht unserer Meinung nach hier seinen Höhepunkt: ist ja zum Schwindligwerden! So etwas überladen zu nennen, wäre eine glatte Untertreibung. Angesichts eines solchen Übermaßes an Extravaganz und unruhigen Formen müssen wir passen; uns fehlen schlicht die geeigneten Eigenschaftswörter! Weiß der Teufel, wie die Klosterbrüder in einer solchen Kirmesbude zu Gebet und Andacht finden konnten.