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Die Mezquit

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Sehenswertes in Córdoba

Die Mezquita

Mezquita (Moschee-Kathedrale): Zutritt 10-13.30h und 16-19h. Diese Angaben zur Vorsicht überprüfen. In den Wintermonaten Einlaß 15.30-17.30h. Eintrittsgeld bereithalten. Nur Sonntag vormittags, zwischen 10.30 und 13.30h genügt ein »Vergelt´s Gott«. Auch wer zur Frühmesse vorbeischaut - Eingang, mit dem Rücken zum Minarett, in der linken Ecke - braucht seinen Geldbeutel nicht zu bemühen und hat seine Ruhe.

Die steil ansteigende Zahl moslemischer Gläubiger in Córdoba veranlaßte Abd al-Rahman I., die Vinzenz-Basilika aufzukaufen und 784 an ihrer Stelle jenes Gebäude in Angriff zu nehmen, das als größte Moschee der damaligen islamischen Welt in das seinerzeit noch nicht vorhandene »Guiness-Buch der Rekorde« eingehen sollte. Sein Nachfolger Abd al-Rahman II., nicht faul, setzte noch einige Erweiterungsbauten, insgesamt acht Querschiffe, drauf. Der Platz war in der Zwischenzeit nämlich schon wieder knapp geworden. Im 10. Jh. folgten dann noch einmal zwölf Querschiffe - die kamen wohl im Dutzend billiger. So entstand nach und nach die Mezquita, eines der herausragenden Beispiele religiöser Baukunst. Hierbei handelt es sich um das interessanteste Bauwerk Córdobas, wenn nicht gar ganz Andalusiens. La Mezquita, so heißt die Moschee heute, gehört zu den schönsten Säulenwäldern der gesamten Architekturgeschichte.

Eines der Fotos hier zeigt den Blick vom Säulenwald in die »Maksura«, einen Kalifen und Würdenträgern vorbehaltenen Raum an der »Quibla«, der gen Mekka gerichteten Südostmauer des ab 961 errichteten zweiten Erweiterungsbaus.

Vor der christlichen Reconquista zählte die Moschee über neunhundert Säulen. Davon existieren 856 bis heute. Es war ein echter Geniestreich des Baumeisters, das Gewölbe zu vergrößern, indem er auf die erste Arkadenreihe eine zweite setzte. Vermutlich haben ihn dabei Zeichnungen antiker Aquädukte beeinflußt, die der Stolz der Iberischen Halbinsel sind. Kein Säulenkapitell gleicht dem anderen. Der Mirhab, Gebetsnische und heiligster Ort der Moschee, wo der Koran aufbewahrt wurde, ist vollkommen mit kunstvoll gearbeiteten Marmorkacheln ausgelegt. Die Gläubigen mußten ihn, ähnlich wie in Mekka, sieben mal auf den Knien umrunden, wovon deutlich die Abschürfungen auf dem Marmor in Ellbogenhöhe zeugen. Wie mögen aber erst die Knie ausgesehen haben?

Eleganz und Finesse der übereinander angeordneten Bögen lassen wohl jeden Betrachter ehrfürchtig staunen. Der »arabische Barock« ist hier auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung angelangt: Simswerk, vergoldete Mosaiken, Arabesken und kufische Inschriften fügen sich harmonisch ineinander. Auf den ersten Blick fühlt man sich möglicherweise ein wenig erschlagen; der Eindruck des Überladenen verflüchtigt sich jedoch rasch und weicht einer ruhigen Ausgeglichenheit, wie sie das Gebet erfordert. Die Fassade schwelgt ihrerseits in arabesken Pflanzenmotiven. Fast unwirklich wirken die Farben der Marmorsäulen. Überraschend in ihrer künstlerischen Perfektion auch die Kassettendecken. Und erst die Kuppel über dem Mihrab: die besteht aus einem einzigen Marmorblock und ist von einem geradezu atemberaubenden Formenreichtum. Streifen wir nun einfach zwischen den Säulen umher, lassen wir unsere Augen mit Perspektiven und Fluchtlinien spielen, staunen wir über die Vielzahl der Lichtquellen und geben wir uns ganz dem Gefühl des Unendlichen hin, das diesem Gebäude immer noch innewohnt - trotz der Kathedrale in seiner Mitte.

Nach der Wiedereroberung Córdobas wurde die Moschee natürlich sogleich in ein christliches Gotteshaus umgewandelt. Karl V. zeigte sich mit dem Abriß des Haupteils der Moschee einverstanden, damit an dieser Stelle eine Kathedrale errichtet werden konnte. Als er dann selbst nach Córdoba kam, hat er seine Entscheidung bitter bereut: »Hätte ich gewußt, was Ihr zu tun beabsichtigtet, Ihr hättet es nicht getan. Denn: was Ihr hier vollbracht habt, findet man überall, aber was zerstört wurde, findet man sonst nirgendwo! « sprach er zu den Domherren.

Erwähnte Renaissancekathedrale aus dem 16. Jh. hätte durchaus einen eigenen architektonischen Reiz entwickeln können, wäre sie nur an einer anderen Stelle errichtet worden. Dann hätte das Auge des Betrachters wohlwollender auf dem eigentümlichen, arg überladenen Querschiff geruht, dessen redundante Gewölberippen in einem unversöhnlichen Kontrast zur ruhigen Feierlichkeit der arabischen Architektur stehen. Im Chor sind die geschnitzen Stühle ebenso sehenswert wie das Retabel aus rotem Marmor. Auch die beiden Kanzeln sollte man sich aus der Nähe anschauen. In einigen Kapellen rundherum zeugen Retabeln von solider handwerklicher Kunst. Wenn auch die Kathedrale nichts in der Mitte der Mezquita verloren hat, so tröste man sich mit dem Gedanken, dass ihr Bau womöglich den totalen Abriß der Moschee verhindert hat. Und dies wäre ein unwiederbringlicher Verlust gewesen.

Schade, dass der an die Moschee angeschlossene Orangenhof sich in so ungepflegtem Zustand präsentiert. Immer noch deutlich sichtbar sind die schmalen Bewässerungskanäle zwischen den Bäumen, die einst die Mauren angelegt hatten. Es lohnt sich, das alte Minarett zu erklimmen, denn von da oben hat man einen wundervollen Ausblick auf die ganze Moschee und, noch schöner, auf die ganze Stadt.