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Tiere

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Leidenschaft für Haustiere

Altersheime für Esel und Friedhöfe für Hunde

Teddy bears für alle

Wer vom Londoner redet, muss auch von seinem Viehzeug reden. An Haustieren (pets) kommt niemand vorbei, auch wenn diese Leidenschaft vielen Fremden unerklärlich bleibt. Hier finden sich Altersheime für Esel, Friedhöfe für Hunde, Urnen für Katzen. Man hält den Verkehr auf, um eine wandernde Kröte durchzuwinken. Buchhändler verkaufen Biographien von Pferden, TV-Serien sind dem Tier und seinen Ärzten gewidmet.

Die skurrilste Spielart dieser Zoophilie ist aber das teddy bears´ picnic, das Teilnehmer aus ganz Britannien und den USA anlockt. Jeder bringt seinen Stoffbären mit (darf abgenutzt, abgeschabt, einäugig sein) und verzehrt sein Picknick, bevor der „Teddy des Jahres“ gewählt wird. Ein prominenter Psychoanalytiker erklärt nicht weniger als die halbe Weltgeschichte aus der Zuneigung des Engländers zu seinem Teddy.

Andere sehen in dieser maßlosen Tierliebe eine natürliche Reaktion des Londoners auf seine Umgebung. Parks, Gärten und öffentliche commons (Grünflächen, eigtl.: Allmende) bieten einer Fülle wilder Tiere Lebensraum. Nachtigallen fühlen sich in den Squares heimisch, Eulen, Turmfalken und andere Greifvögel in den Back Gardens. Über die Heide von Hampstead pirschen Fuchs, Waschbär und Hase. Im Richmond Park gibt es Hirsche, in Barnes Common Reiher und Kraniche. Und was passiert, wenn sich in Knightsbridge ein Pferdekopf aus dem Fenster eines konventionell wirkenden Hochhauses lehnt, um den Verkehr zu beobachten? Keine Sorge, dann stehen Sie gerade vor den Marställen der Household Cavalry.

Engländer sind wohl die größten Spazierfreunde in Europa. Diese Neigung veranlasste die Anlage vieler Gärten in London, die allein zu Spaziergängen dienen. (Johann Wilhelm von Archenholz, 1787).

Dass London die weitläufigsten Grünanlagen aller Weltstädte aufweist, ist also nichts Neues. 83 Parks locken ins Gesunde, und zwar nicht wie deutsche „Naherholungsgebiete“ nach halbstündiger Fahrt, sondern mitten in der Stadt. Das ist umso beachtlicher, als die Preise der umliegenden Grundstücke jede Maklerzecke in den Wahnsinn treiben würden. Kein Quadratmeter wird jedoch für nicht-erholsame Zwecke abgetreten, darüber herrscht Konsens. Nach einem walk in the park erinnert man sich leichter, dass es selbst in London mehr gibt als Geld verdienen und Geld ausgeben.

Im Gegensatz zu vielen kontinentalen darf man in britischen Parks alles anstellen, was sich innerhalb der Grenzen des Anstandes bewegt: joggen, reiten, kicken, Frisbee spielen, picknicken, faulenzen. (Vorsicht, auch Hunde nutzen den Rasen!) Diese Grenzen sind gar nicht so eng, wenn man an die vielen Liebespaare im Hyde Park denkt. Live and let live eben.

Themse: Londons neuer Tierpark

Im Sommer 2005 beschäftigen die Zoologische Gesellschaft von London v.a. drei Fragen: Was machen all diese Tiere in der Themse? Warum kommen sie? Was essen sie? Zuvor waren in/an der Themse, deren braune Fluten offenbar über ihre inzwischen erreichte Wasserqualität hinwegtäuschen, gesichtet worden: zwei Seehunde vor Greenwich, ein Tümmler vor den Docklands, ein Delphin vor Blackfriars, ein Seepferdchen an der South Bank, ein Seehund sogar auf einer Sandbank bei Richmond – er hatte also das gesamte Stadtgebiet durchschwommen. Ergebnis der Zoologen: In der Themse sind inzwischen 118 Fischarten heimisch, ein gefundenes Fressen für Tausende von Kormoranen, die nun die ehemaligen Docklands bevölkern.