Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Die »Gay«-Szene

Body: 

Die »Gay«-Szene

Vom Ursprung
der Bezeichnung »gay«

Um sich einander gefahrlos zu erkennen zu geben und Kontakt aufzunehmen, benutzten die Homosexuellen ein Erkennungswort. Sie fragten denjenigen, den sie ins Auge gefaßt hatten: »Do you know a gay place?«, d.h. einen fröhlichen, angenehmen Ort, wo man sich amüsiert ... Dieser für einen Heterosexuellen harmlose Satz, zudem ungefährlich, falls man fatalerweise an einen Polizisten geriet, zeigte demjenigen, der Bescheid wußte, woran er war. Mit der Zeit wurde das natürlich allgemein bekannt und »gay« zum Synonym für schwul. Soviel für die Allgemeinbildung.

Ursprünglich lag der Prozentsatz der Schwulen hier nicht über dem nationalen Durchschnitt, aber durch viele von der Pazifikflotte wegen Homosexualität ausgemusterte Soldaten und wegen der außergewöhnlichen Toleranz der Kalifornier zog die Stadt Schwule aus dem ganzen Land an.

Miss Liberty!

Längst vergessen sind die Zeiten (1966), als Kardinal Spellmann seine Geistlichen aufforderte, die Namen derer zu erfassen, die sogenannte »unsittliche« Kinofilme besuchten.
Die Schwulen gehen ungeniert ihren sexuellen Bedürfnissen nach. Es ist bezeichnend, dass das Bob Damron´s Adress Book, ein Verzeichnis aller »gay«-places in den Vereinigten Staaten, genauestens die Spezialitäten der einzelnen Schwulentreffs angibt. Das schließt jede Überraschung – da man weiß, was einen erwartet – jede Enttäuschung – da man kommt, weil diese oder jene Sache einem gefällt – und sogar jede Kommunikation aus.

Die Schwulen gewannen immer mehr an Boden und machen heute ein Viertel der Bevölkerung aus. Ihr Viertel wurde zu einem der belebtesten der Stadt. Hunderte von Geschäften, Restaurants, Discos und kulturellen Treffpunkten zeugen von der davon. Zu Beginn der siebziger und achtziger Jahre konnten die Homosexuellen außerordentliche Fortschritte bei der gesellschaftlichen Akzeptanz verbuchen, so dass auch anders Gesonnene dieser Gruppe nicht länger bestimmte Rechte absprechen konnten. 1972 verabschiedete San Francisco als erste Stadt Amerikas ein Gesetz, welches jegliche Diskriminierung aufgrund von Lebensweise oder sexuellen Neigungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt für unzulässig erklärte. 1973 strich die amerikanische Gesellschaft für Psychiatrie Homosexualität von ihrer Liste der Geisteskrankheiten. Homosexuelle, die sich offen zu ihrer Neigung bekannten, wurden in den Stadtrat gewählt.

Willkommen
an Bord der Titanic!

Natürlich hat Aids einiges verändert. Die Zahl der Opfer steigt kräftig. Die Saunen und back rooms wurden auf städtische Anordnung hin geschlossen. Aber noch brach keine Hysterie aus, wie sie in Aidskranken oft entgegenschlägt. Selbstverständlich wird inzwischen mehr geflirtet, statt gleich aufs Ganze zu gehen.

1906 wurde das Erdbeben in San Francisco, mit seinem Hafen ein Ort des Lasters und der Vergnügungen, als eine Strafe Gottes verstanden. Auch bei Aids, meinen manche, habe ein hinterhältiger Gott seine Hand im Spiel. Auf jeden Fall hat die bedeutendste Homosexuellenstadt der Welt etwas von ihrer Lebensfreude verloren. Die straights frohlocken, da sie die Stunde der Rache nahe glauben, denn jeder zweite der heute zwanzigjährigen Homosexuellen wird, wenn er 30 ist, nach Überzeugung von Seuchenmedizinern mit dem Ais-Erreger infiziert sein. Die Homosexuellenszene ist erschüttert von den Verheerungen, die Aids anrichtete und setzt heute auf Information und Vorbeugung. Beratungs- und Hilfsstellen für die Kranken wurden eingerichtet, Unterstützung und Pflege der Schwerkranken organisiert. Information und Solidarität können zwar nicht heilen, aber beides hilft dem Betroffenen, mit der Krankheit zu ln. Außerdem wandelte sich Gezwungenermaßen wandelte sich auch die Lebensweise der Männer. Die sexuelle Aktivität sank erheblich und auch eine verstärkte Rückwendung zur Monogamie ist festzustellen.

Die hohen Kosten für Aidsbehandlung werden allerdings immer mehr zu einem finanziellen Problem im Haushalt der Stadt.
In einer Arte-Sendung im April 1996 über Kriminalität in den USA hieß es über San Francisco: »Die Stadt zählt 700.000 Einwohner. Ein Drittel davon ist schwul, ein Drittel handelt mit Drogen oder ist obdachlos, und das letzte Drittel entrichtet die Steuern ...«

1996 erhielt der Aidskranke Jeff Getty durch eine weltweit aufsehenerregende Operation das Knochenmark eines Pavians. Dem Patienten ging es nach der Operation ausgezeichnet. Nur: wie geht es dem Pavian? Müssen nun alle Paviane dran glauben?