Khans Spuren
Auf den Spuren des Dschingis Khan
Von Öndörchaan nach Dadal
Jeder Ausflug von Öndörchaan in den hohen Norden der Provinz wird mit der immer gleichen Frage konfrontiert: Wo erblickte Dschingis Khan das Licht der Steppe, wo verdrosch er seine ersten Kumpel? Warum hier, und nicht dort drüben?
Da jemand die Geburtsurkunde verschlampt hat und dadurch nicht einmal das Geburtsjahr mit Sicherheit festzulegen ist, wird das Problem wohl nie gelöst. So können guten Gewissens ein gutes Dutzend kleiner und großer Orte sich mit dem begehrten Attribut schmücken: Dschingis Khans Geburtsort.
Onon
Kandidat Nr. 1. Die Hauptstadt des Somons Binder am Onon-Fluß war´s, davon sind die Einheimischen überzeugt. Als Beweis führen sie an, dass er ja auch hier zum Khan gewählt wurde was andere Orte, im Besitz der wahren Wahrheit, lächelnd bestreiten.
Wir schauen uns 10 km weiter westlich die 1000 m lange, ovale Felsmauer von Öglögsh an, die nachweislich von den Kitan errichtet ward; schnuppern dann auf schönen Bergwiesen Edelweiß und wilde Zwiebeln und überlegen´s uns nochmal.
Delgerchaan
Kandidat Nr. 2. Der Somon im Südwesten der Provinz führt Handfestes als Beleg an. In der Nähe des Hauptortes Avarga fanden Archäologen in den 60er Jahren Überreste einer alten Siedlung, die die Hauptstadt Dschingis Khans gewesen sein könnte.
Ausgegraben wurden inzwischen Grundmauern von 1300 m Länge und 500 m Breite. Und da Münzfunde auf eine Besiedlung dieser »Stadt« bereits im 12. Jh hindeuten, könnte Temüdschin tatsächlich hier im Jahr 1206 zum Khan aller Mongolen ernannt worden sein.
Zur Erinnerung an den 750. Jahrestag der Niederschrift der »Geheimen Geschichte« errichtete die Regierung 1991 unweit der Funde einen riesigen Obelisken. Er soll jene Anhöhe bezeichnen, auf der Dschingis Khan erstmals seine berittenen Heerscharen versammelte.
Bei Delgerchaan steht eine der wenigen Brücken über den Cherlen. Wir sind beeindruckt und nicken wohlwollend.
Changil Nuur
Kandidat Nr. 3. Knapp 200 km nordwestlich von Öndörchaan entspannt sich dieser wunderschöne See zwischen Hügelland und Wäldern. Für die Version, Dschingis Khan habe hier seine Jugend verbracht, gibt es keinerlei Beweise außer der altbekannt romantischen Veranlagung des Khans (die nicht allen seiner Zeitgenossen aufgefallen ist).
Immerhin haben sich am nahegelegenen Rachaant Chad, aus dem eine Mineralquelle sprudelt, die Nomaden seit 20.000 Jahren mit Hunderten von Felszeichnungen (Menschen, Vögel, Steinbocke, andere Tiere, Symbole) verewigt. Wissenschaftler entdeckten Inschriften in alttürkischer, chinesischer, mongolischer, tibetischer und arabischer Schrift. Sehenswert auch ohne Dschingiskhanei.
Dadal
Kandidat Nr. 4. 250 km nordöstlich von Öndörhaan. Jetzt wird´s ernst! Diese kleine Siedlung inmitten von kühlen Wäldern, kleinen Seen und grünen Wiesen nördlich des Onon-Flusses hat in Dschingis-Fragen deutlich die Nase vorn.
Am 3 km entfernten, malerischen Gurwan Nuur inmitten eines Kiefernwaldes steht ein außergewöhnliches Betondenkmal. Der zackige weiße Klotz mit einer riesigen Zeichnung von Dschingis Khan wurde 1962 aus Anlaß von dessen 800. Geburtstag errichtet. Und zwar zu einer Zeit, als der Khan den Machthabern (bzw. ihren sowjetischen Hintermännern) als feudale Unperson galt. Zu den Verwicklungen, die das Denkmal und die seinerzeitigen Beinahe-Feierlichkeiten 1962 hervorriefen, siehe im Kapitel Geschichte.
Auf dem Hügel Deluun Boldog, in der Nähe des Denkmals, steht eine weitere Gedenkstätte. Na also, endlich der Geburtsort des Khans.
In jedem Fall zählt die Umgebung Dadals zu den schönsten Landschaften der Mongolei. Wer sich an Steppe sattgesehen hat, erfreut sich plötzlich lockerer Kiefer- und Birkenwäldchen. Durch sanfte Hügeln und saftige Wiesen schlängeln sich Bächlein, an deren Ufern die Burjaten Gärtchen bestellen und solide Blockhäuser mit bunten Fensterlädchen bewohnen.
Übernachten & Essen
Am Gurvan Nuur, 3 km von Dadal, liegt ein Touristenlager mit Restaurant. Dem See werden Heilkräfte zugeschrieben. $$$$
Ein nettes Jurtencamp von Juulchin kauert am Waldrand. $$$
Verbindungen
Wer mehr Geld als Zeit hat, fragt am besten in Ulaan Baatar bei MIAT nach Charterflügen nach Dadal. Gelegentlich fliegen die YU-12 von Ulaan Baatar nach Öndörchaan weiter nach Dadal.
Dadal ist über die Somonhauptstädte Bajan und Bajan Owoo (nicht verwechseln mit dem gleichnamigen Somon am Unterlauf des Cherlen!) zu erreichen. Die Piste führt durch schlammiges, sandiges Buschland und ist teilweise in schlechtem Zustand.