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Geschichte

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Historisches in Lissabon

Ein wenig Geschichte

Auch wenn die Legende von dem in die Bucht verliebten Odysseus es uns allen angetan hat, so ist es dennoch wahrscheinlicher, dass die Gründung Lissabons auf die Phönizier zurückgeht. Später fanden Griechen und Katharger diesen Ort ebenfalls ideal für den Handel. Die Römer schließlich wollten ihn ganz für sich allein.

Danach nutzten die Westgoten die Zeit des Niedergangs Roms, um sich dort einzunisten, bevor sie den Arabern weichen mußten. Die nun folgende Reconquista kam rascher als im benachbarten Spanien voran.

Kurzum, es handelt sich um eine Geschichte, die viele andere Mittelmeerstädte in ähnlicher Weise mitmachten. Im 15. und 16. Jh., dem goldenen Zeitalter, stellt Lissabon weit mehr dar als nur die Hauptstadt Portugals - es ist eine Welthauptstadt. Bis zu dreitausend Schiffe ankerten zur gleichen Zeit im sogenannten »Strohmeer«. Der König erwartete fieberhaft jede neue Ladung brasilianischer Diamanten, um den Bau eines neuen Palastes zu finanzieren. 1755 genügte ein böswilliges Erdbeben von ein paar Sekunden, um fast die ganze Stadt zu zerstören. Dem Marquês de Pombal ist es zu verdanken, dass sich heute anstelle der verschwundenen mittelalterlichen Gassen, die etwas streng wirkenden, im Schachbrettmuster angeordneten Gebäude erheben.

Die napoleonischen Truppen, die sich hier 1807 nur kurz aufhielten, fanden nichts Plündernswertes mehr und machten sich daher flugs auf den Weg zu ein paar Klöstern im Norden.

Das zwanzigste Jahrhundert beginnt blutig und unruhig mit der Ermordung des Königs Carlos I. und der Einführung der reichlich chaotischen Republik.

1928 schließlich tritt in Lissabon ein wackerer Universitätsprofessor aus Coimbra auf den Plan, um ein wenig Ordnung zu schaffen: Oliveira Salazar. Während über vierzig Jahren verstummten die Stimmen der Liberalen und Progressisten auf dem Rossio, der guten Stube Lissabons, bis endlich am 25. April 1974 die Panzer der Bewegung der Streitkräfte die alte Diktatur hinwegfegten. Die Lissaboner überraschten die Soldaten mit roten Nelken. Volksfeststimmung kam auf. Eineinhalb Jahre lang lebte Lissabon nach einer verrückten Tagesordnung: drei Versammlungen, eine Demonstration und zehn Hausbesetzungen täglich. Die Hausmauern wurden mit fantasievollen Wandmalereien und mit Sprüchen bepinselt, auf denen ein jeder behauptete, den Weg zum Heil gefunden zu haben. Man verschlang zehn Zeitungen täglich, entdeckte die Weltliteratur, das Fernsehen und - debiler noch - den Pornofilm, der sich jedoch nur kurzfristig durchsetzte. Die Mitglieder des Revolutionsrates diskutierten sich im Café um die Ecke mit dem »Mann von der Straße« die Köpfe heiß. Kurzum, eine Atmosphäre völliger Freiheit, die bald grimmiges Zähneknirschen bei den hohen europäischen Technokraten verursachte.

Die großen orthodoxen Linksparteien mußten rasch einsehen, dass nur die Hauptstadt sich wirklich veränderte und verlegten sich daher auf propagandistischen Aktionismus, um das Land wachzurütteln, währenddessen die Industriebosse, begeistert von der Perspektive eines baldigen EG (EU) -Beitritts - welch Zufall! - die Zügel der Marktwirtschaft vorsichtig wieder in die Hand nahmen. Der November 1975 brachte das Ende der revolutionären Utopien. Die vereinigten Staaten von Europa und Nordeuropa konnten sich den Angstschweiß von der Stirn wischen, während sich die Lissabonner gegen diesen Streich empörten und zu Sündenböcken gemacht wurden. An diese Zeit erinnern nur noch ein paar Wandmalereien, einige verblaßte Namen an den Hausmauern der ärmeren Viertel sowie verbrauchte und mißbrauchte Witze, die man sich am Tresen erzählt: dann spricht man von der Schicksalhaftigkeit des Lebens und von dem Gärtchen, das man noch bestellen muß.

Sucht man jedoch gründlich in den wilden Nächten des Bairro Alto, bei neuen Kunstschaffenden, die hier überall aus dem Boden schießen, oder selbst bei zufälligen Bekanntschaften, stellt man schnell fest, dass Lissabon seine Schätze nicht allzu tief vergraben hat!