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Der Alentejo

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Der Alentejo

Flächenmäßig größte Region Portugals

Bei der flächenmäßig größten Provinz Portugals mit ihrer charakteristischen Landschaft handelt es sich auf den ersten Blick sicherlich nicht um die attraktivste. Gleich nach Überwinden der Serras, welche die Algarve vom Alentejo trennen, findet man sich in einer riesigen, ozeanisch weiten Ebene wieder, deren niedrige Hügel gleichsam die Wellen darstellen.

Im Alentejo, der »Kornkammer des Landes«, dem größten Korkerzeuger der Welt, der ein Drittel der Gesamtoberfläche Portugals einnimmt, wohnen nur sechs Prozent der Bevölkerung, was teils an dem unwirtlichen Klima liegt: die Winter sind empfindlich kalt und windig, die Sommer glühendheiß und staubig.

Abgesehen von den klimatischen Verhältnissen erklärt sich die dünne Besiedlung auch aus den sozialen Verhältnissen. Im Gegensatz zu Landstrichen, in denen Kleinbauern winzige Parzellen bearbeiten, war der Alentejo stets die Provinz der Latifundien, wo eine Handvoll allmächtiger Herren ihren ausgedehnten großgrundbesitz verwalteten. Einige von ihnen besaßen einige tausend Hektar Land!

Je nach Bodenart oder Landschaftstyp existieren verschiedene Anbaumethoden:

  • der montado, der Anbau von Getreide zwischen Korkeichen mit Dreifelderwirtschaft,
  • der campo, bei dem auf weiten Ebenen in Monokulturen vor allem Weizen angebaut wird,
  • die allzu steinigen Felder schließlich nutzt man für Pflanzungen von Olivenhainen und Reben.
  • Ein wenig Geschichte muß sein

    Die großgrundbesitzer stellten ein Minimum an festen Arbeitskräften an, die in der Erntezeit von Hunderten von Tagelöhnern unterstützt wurden. Viele Felder jedoch blieben aus Gleichgültigkeit der großgrundbesitzer ungenutzt und lagen brach. Sie waren lange Zeit Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen, bei denen die Landarbeiter forderten, dass der »Boden denen gehöre, die ihn bearbeiten«. Auch unter Salazar war der Alentejo ein ständiger Unruheherd, in dem die Landarbeiter für eine Landwirtschaftsreform, Anhebung der Löhne und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen kämpften. Hier ist man noch stramm kommunistisch und in jedem Haus hängt ein Bild von Catarina Eufémia, einer jungen Heldin, 1954 von der PIDE, der Geheimpolizei, ermordet. Es nimmt nicht Wunder, dass die Landarbeiter nach der Revolution 1974/75 eine grundlegende Land reform durchsetzten. Den großgrundbesitzern verblieben jeweils nur ein paar hundert Hektar. Der übrige Boden wurde neu verteilt und von landwirtschaftlichen Genossenschaften bewirtschaftet. Im Jahre 1977 beschäftigten fünfhundert Erzeugergemeinschaften fünfzigtausend Arbeiter. Seit einigen Jahren jedoch wird die Landwirtschaftsreform von der Sozialdemokratie wieder zurückgenommen und den enteigneten großgrundbesitzern (latifundários) der Boden wieder erstattet. Diese Politik stößt natürlich auf den erbitterten Widerstand der Genossenschaften, welche die Errungenschaften jahrelanger Kämpfe gefährdet sehen. Das ist der augenblickliche (traurige) Stand der Dinge im ungleichen Kampf zwischen David und Goliath.

    Was Reisende erwartet

    Entgegen aller Erwartungen wirkt der Alentejo nicht eintönig. Pausenlos verändert sich die Landschaft auf ganz subtile Weise: durch Bodenarten und Vegetationsformen, Hügel, strahlendweiße Städte und Dörfer, die doch so verschieden sind.

    Man unterscheidet grundsätzlich drei Regionen: den Baixo Alentejo und den Alto Alentejo, selbst wieder in zwei Gebiete unterteilt. Den drei Regionen entsprechen die drei »Provinzhauptstädte« Beja, Evora und Portalegre.

    Hauptform der Siedlungsform ist der »monte«, ein Überbleibsel feudaler Verhältnisse. Der »monte« war gleichzeitig Hof, Werkstatt und Schlafstätte der Landarbeiter. Im allgemeinen auf einem Hügel gelegen - wer hätt´s erraten - faßte er oftmals mehrere Landarbeiter und deren Familien sowie die Tagelöhner zusammen, die auf demselben Herrensitz arbeiteten. Schon von weitem erblickt man die einzige, von niedrigen, gleichförmigen Häusern gesäumte Hauptstraße, über die der Herrensitz thront.

    In dieser kaum industrialisierten Gegend liegen bis heute einzigartig erhaltene mittelalterliche Städte sowie befestigte Siedlungen gegen den stets angriffslustigen kastilischen Feind.

    Alentejo, das bedeutet auch menschenleere Landschaften, hautnahe Berührung mit der Natur und eine außergewöhnliche Gastfreundschaft.

    Unsere Reiseroute beginnt im Süden, aber man kann sie überall aufnehmen. Wir haben versucht, ein möglichst großes Gebiet vorzustellen, doch der Raum für eigene Ideen ist unerschöpflich. Hunderte von weiteren Dörfchen entlang wenig befahrener Straßen werden uns freundlich empfangen. Zu den am stärksten frequentierten Routen zählt lediglich die Strecke Evora-Estremoz. Für alle mit nur wenig Zeit hier unsere Hitparade sehenswerter Städte: Castelo de Vide, Marvao, Portalegre, Flor da Rosa (Crato), Estremoz, Evora - in unseren Augen die ergreifendste Stadt Portugals - und Monsaraz, neben Marvao das malerischste Dorf.