Brasilianische Bräuche
In Brasilien heißt Gott Tupana
Nach dem Tod ist nichts als lauter Singen und Springen
Nach der Geburt darf der Mann sich erstmal ausruhen
Wenn der Mann verreist, sei es über Land, auf die Jagd oder wohin er wolle, so geht das Weib allgemein mit ihm, und zwar so, dass der Mann im Ausgehen allzeit vorangeht und die Frau ihm nachfolgt, damit - wenn ihnen etwa Räuber, grimmige Tiere, wie Tiger, Schlangen oder sonst etwas Böses, begegnen - der Mann es abwehren könnte. Beim Rück- oder Heimweg aber geht die Frau voran und folgt ihr der Mann, dass - wenn sich auch ein Unglück ereignet - die Frau sich desto eher heimwärts zurückziehen kann.
Sooft sie nun verreisen, nehmen sie ihren ganzen Hausrat mit sich: Der Mann nimmt sein Gewehr, Pfeil und Bogen, Wurfspeer und dergleichen. Die Frau aber trägt den ganzen Reichtum in einem großen Korb auf dem Kopf. Darinnen sind das beste Hab und Gut sowie die Lebensmittel. Auf dem Rücken trägt sie noch einen vollen Korb. Des Korbes Tragbänder gehen ihr um die Stirn herum und nicht um die Schultern oder Arme. Auf der rechten Seite trägt sie ein kleines Kind und die kleinen Kalabassen oder Trinkgeschirre. Ferner trägt sie auf der einen Hand irgendeinen Papagei oder Porquito und an der anderen Hand führt sie vielleicht noch ein Kind oder wohl gar ein Hündlein an einer Schnur - und damit reisen sie ihren Weg.
Sie schlafen nicht wie andere Völker in hölzernen Schlafstätten oder Spannbetten, sondern hängen gleichsam in einem Netz, welches sie Ini und die Holländer Hangmak nennen. Dasselbe ist an zwei Enden angebunden ungefähr so hoch, dass man sich reinsetzen kann. Des Nachts machen sie ein Feuerlein darunter, damit, wenn etwa frische Luft geht, sie nicht gar zu kalt liegen, oder wenn die Luft warm ist, die Mücken oder Muskieten durch den Rauch vertrieben werden. Denn dasselbe Geschmeiß fliegt in den warmen Nächten sehr häufig herum und tut Menschen und Vieh viel Ungemach. Wenn Mann und Weib in einer Hangmake beieinander schlafen, so liegen sie mit ihren Köpfen nicht beieinander, sondern der Mann liegt mit seinem Haupt an einem und die Frau mit ihrem Haupt am anderen Ende der Hangmake und in der Mitte gehen die Beine nebeneinander hin.
Die Männer nehmen so viel Weiber, wie ihnen beliebt, und wenn ihnen eine nicht mehr gefällt, stoßen sie selbige von sich und nehmen eine andere. Diejenigen, die in christlichem Glauben unterwiesen und getauft sind, bleiben bei einem Weibe.
Im Kindergebären sollen die Weiber nicht sonderliche Schmerzen haben. Deshalb bedürfen sie auch keiner Hebamme, sondern der Mann verrichtet solches Amt selbst.
Denn er nimmt das Kind, wäscht es und gibt ihm einen Namen, etwa den eines wilden oder zahmen Tieres. Die Frauen halten auch keine sechs Wochen, legen sich auch nicht zu Bett, sondern der Mann legt sich etliche Tage an ihrer statt nieder, lässt sich wohl pflegen und die Frau die Arbeit verrichten.
Die Brasilianer fangen ihr Neujahr im Mai an, wenn sie das Siebengestirn zum ersten Mal aufgehen sehen. Sie bringen ihr Alter an Jahren viel höher als wir, denn es werden unter ihnen Leute gefunden, die über hundert Jahre alt sind. Stirbt jemand unter ihnen, so begraben ihn seine Freunde stehend im Grabe und legen zu dem Körper seine im Leben gebrauchte Hangmake, darinnen zu ruhen, und etwas von Speise, etliche Tage davon zu essen, mit ins Grab und beweinen ihn einen Monat lang sehr heftig.
Ihre Religion betreffend, so wissen sie weder von Gott noch seinem Wort, haben auch in ihrer Sprache kein einziges Wort, womit sie den Namen Gottes recht ausdrücken können. Die brasilianischen Christen nennen Gott Tupana, von dem Wort Tupan, welches so viel heißen soll wie eine vortreffliche Hoheit oder höchste Herrlichkeit. Daher nennen sie auch den Donner Tupacununga - das soll so viel heißen wie ein Krachen oder Schall von der höchsten Herrlichkeit -, des Weiteren den Blitz Tupaberaba -das soll heißen das Leuchten oder Glänzen von der höchsten Herrlichkeit.
Gleichwohl glauben sie, dass die Seelen der Menschen nach diesem Leben unsterblich seien und dass derjenigen Seelen, die in diesem Leben viele rühmliche Taten und ihren Feinden großen Abbruch getan haben, an einem gewissen Ort, wo nichts als lauter Fröhlichkeit, Tanzen, Singen und Springen sein werde, zusammenkommen. Hingegen derer Seelen, die in ihrem Leben nichts Denkwürdiges verrichtet haben, würden nur in den Lüften herumschweben und von den Geistern, Curipira und Jurupari genannt, gequält werden. Ansonsten halten sie auch viel auf die Wahrsager oder Teufelsbanner, denn diese ziehen sie in allen vorfallenden wichtigen Verrichtungen zu Rate.
Endlich ihre Sprache betreffend, so hat dieselbe gar keine Gemeinschaft mit irgendeiner anderen. Es befleißigt sich auch niemand leichtlich, dieselbe zu lernen - es wäre denn, dass etwa der eine oder der andere eines Schulmeisters oder Vorlesers Dienst in einem Dorf, worinnen brasilianische Christen wohnen, anzunehmen gedächte. Sie haben keine eigene Schrift oder Buchstaben, um in ihrer Sprache etwas aufzuschreiben oder zu notieren, können auch bei den Zahlen nicht höher kommen als auf Fünf.
Sie gebrauchen deswegen anstatt eines Kalenders, um die Jahre zu merken, Kastanien von Kaschu-Äpfeln, welche Frucht jährlich nur einmal reif wird. Von derselben legen sie jedes Jahr, wenn ein Kind geboren wird oder sonst etwas Denkwürdiges vorgeht, eine zurück. Darum, wenn man von ihnen zu wissen begehrt, vor wie viel Jahren das eine oder andere geschah oder wie alt einer sei, muss man nicht nach der Zahl der Jahre, sondern nach der Zahl der Kastanien fragen, die sie seit der Zeit deswegen gesammelt haben, so werden sie dieselben bald, und zwar bis fünf herrechnen und gebrauchen dazu Hände und Füße. Die fünf Kardinalzahlen aber lauten also: oiope, moconge, mogapy-ra, moiorondig, appocompoi. Damit aber dieses Volk auch etwas zur Erkenntnis Gottes kommen möge, haben erstlich die Portugiesen und nach ihnen die Holländer großen Fleiß angewendet, dass von ihren Geistlichen, die der Sprache kundig, der Kleine Katechismus ins Brasilianische übersetzt wurde.