Krieg & Nachkriegszeit

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Wieder Krieg und Auferstehung

1933: die Niederlande werden für viele Verfolgte der NS-Diktatur Zufluchtsstätte. Das Krisenkabinett unter Hendrikus Colijn ergreift Maßnahmen gegen die Geldentwertung, setzt Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Gang und bekämpft politische Strömungen der extremen Rechten und Linken. Am 10. Mai 1940 greifen deutsche Truppen an. Die Luftwaffe verwandelt die Innenstadt Rotterdams trotz laufender Kapitulationsverhandlungen in einen Riesenschutthaufen. Nach vier Tagen streckt die niederländische Armee die Waffen. Die Königin flieht am 13. Mai nach London und bildet eine Exilregierung. Am 16. Mai wird Amsterdam besetzt. Die rund hunderttausend Köpfe zählende jüdische Gemeinde Amsterdams wird fast völlig ausgerottet – s. auch »Das Tagebuch der Anne Frank«. Der von Hafenarbeitern im Februar 1941 getragene Streik vermag die Pogrome nicht zu beenden. Ende 1944 setzt die Wehrmacht zu Verteidigungszwecken durch Öffnen der Schleusen weite Landstriche unter Wasser. Am 5. Mai wird das Land befreit.

1948: Zollunion mit Belgien und Luxemburg. Ein Jahr darauf wird Indonesien unabhängig. Die Niederlande werden Gründungsmitglied von UN und Nato.

1952: Freigabe des 72 km langen Amsterdam-Rhein-Kanals, der, für Schiffe bis 43000 t ausgelegt, nicht nur das Hinterland anbindet, sondern auch die Industriezentren im Ruhrgebiet.

1953: aufgrund einer verheerenden Sturmflut, der über 1800 Einwohner zu Opfer fallen und die eine halbe Million Menschen obdachlos macht, wird der Deltaplan ausgearbeitet, ein gewaltiges System von Dämmen, Deichen und anderen Schutzmaßnahmen, das vor weiteren Katastrophen schützen soll. Indonesien kündigt 1956 den Unionsvertrag mit den Niederlanden auf. Mit Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957 sind die Niederlande Gründungsmitglied der EWG.

1960: In den sechziger Jahren entsteht mit den »Provos« eine Protestbewegung in Amsterdam, die Wohlstandsdenken und bürgerlicher Saturiertheit den Kampf ansagt. Die daraus hervorgegangenen »Kabouters« (Zwerge) erobern 1970 fünf Sitze im Gemeinderat. Anlässlich der Heirat von Beatrix, Prinzessin von Oranien-Nassau, mit dem deutschen Diplomaten Claus von Amsberg, kam es zu schweren Ausschreitungen, die zum Rücktritt des Bürgermeisters und Polizeichefs führten.

1973: die arabische Ölliefersperre ruft Arbeitslosigkeit und Rezession hervor. Innenpolitische Krisen schütteln das Land. Surinam wird 1975 in die Unabhängigkeit entlassen, so dass als letzte verbleibende Kolonien noch die aus fünf karibischen Inseln bestehenden Niederländischen Antillen und Aruba verbleiben. Molukker kapern einen vollbesetzten Eisenbahnzug und bringen im Konsulat Geiseln in ihre Gewalt. Prinz Bernhard, Gemahl Königin Julianas, legt 1976 alle Ämter nieder, als bekannt wird, dass er sich von Lockheed hatte bestechen lassen. Das Tragen der Armeeuniform wird ihm verboten.

1980: Prinzessin Beatrix wird zur Königin gekrönt. Wiederum ist Amsterdam Schauplatz heftiger Krawalle. 60.000 Wohnungssuchende sind in der Stadt registriert. 1986 feiert sie ihr vierhundertjähriges Jubiläum als Stadt der Diamanten; 1987 wird Amsterdam Kulturhauptstadt Europas.

1992: Wegen der Konjunkturabschwächung und in der Hoffnung, die Nachfrage zu beleben, senkt die Regierung die Mehrwertsteuer um 1% auf 17,5 %. Gewerkschaften, Arbeitgeber und Regierung vereinbaren, Löhne und Gehälter einzufrieren. Die Koppelung von Beamtenbezügen und Sozialleistungen an die allgemeine Lohnentwicklung entfällt. Das teure Militär soll zu einer Berufsarmee umgewandelt werden. Das neue Asylrecht soll die Verfahren von fünfzehn auf drei Monate verkürzen.

1993: Ein Gesetz schützt Ärzte, die Patienten auf Verlangen Sterbehilfe leisten, vor Strafverfolgung. Allerdings muss der Arzt drei unabhängige Kollegen unterrichten, die einstimmig zur Schlussfolgerung kommen müssen, dass die Lage des Patienten aussichtslos ist.