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Maracaibo-Tiefland

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Maracaibotiefland

Tierisch gute Rhythmen in den Llanos bajos

Die Tierwelt im Maracaibotiefland ähnelt jener an der Küste und in den Llanos. Am Maracaibosee geben die vielen Vogelarten das gleiche Bild ab wie die an der Küste vorkommenden Arten. Es lassen sich aber auch Kaimane beobachten. Durch die Erdöl- und Petrochemieindustrie ist die Fischfauna im Maracaibosee weitgehend ausgestorben. Der Artenreichtum ist trotz intensiver Sonneneinstrahlung und kühler Nächte auch in den Llanos beachtlich, da Galeriewälder die Flüsse säumen. In den »Llanos bajos« stoßen wir auf die meisten Reptilien. Neben der großen Würgeschlange Boa-Boa lebt hier die Mapanare, die als ungemein aggressiv gilt, schnell angreift, wenn sie jemand stört, und deren Biß tödlich ist. Die Anakonda, eine Riesenschlange, hält sich vorzugsweise in Flüssen und stehenden Gewässern auf. Sie fängt junge Wasserschweine oder andere Tiere, wenn diese zum Wassertrinken an den Fluß kommen. Zwischen den beiden Fangzähnen eingeklemmt, zieht sie ihre Beute unter Wasser und wartet bis sie ertrinkt, um sie danach zu verschlingen. Sie erreicht bis zu acht Meter Länge. Behauptet wird, dass sie sogar zehn Meter lang werden kann. Auf ein solches Exemplar ist eine Prämie ausgesetzt, aber bisher konnte niemand den Beweis erbringen.

In den Flüssen leben Pirañas, die binnen Minuten alles bis auf das Skelett abnagen. Die Venezolaner nennen die Pirañas Cariben. Der Fisch erhielt diesen Namen von den Spaniern nach einer Legende, die ihn mit dem angeblich besonders grausamen Indianerstamm der Cariben verglich. Das bereits erwähnte Wasserschwein nennen die Einheimischen Chiguire. Mit 1,20 m Länge und siebzig Kilo Gewicht ist es das größte Nagetier der Welt. In seiner Lebensweise ähnelt es dem afrikanischen Flußpferd, aber im Aussehen wirkt es wie ein riesiges Meerschweinchen. In den Llanos sowie im Orinokodelta leben Seekühe, die während der Überschwemmungszeit oft wochenlang bis zum Hals im Wasser stehen. Die Vogelwelt setzt sich in dieser Gegend aus verschiedenen Reiherarten, Stelzvögeln, Soldatenvögeln, Flamingos und Geierarten zusammen. Die Reiher sind auch jene, die den Krokodilen die Zähne säubern, d.h. sie ernähren sich von den Fleischresten, die zwischen den Zähnen hängenbleiben. Flußkrebse und Frösche verschiedener Gattungen siedelten sich hier an. Eine Froschart kann ein Gewicht von 3½ kg erreichen. Die verschiedenen Kaimanarten ernähren sich von den gerade geschlüpften jungen Anakondas, den Wasserschweinen und den genannten Fröschen. Am häufigsten läßt sich der Brillenkaiman, der bis zu 2,80 m erreicht, beobachten. Krokodile, die über 5 m Länge erreichen, kommen hingegen nur noch äußerst selten vor. Skrupellose Geschäftemacher stellen ihnen wegen ihrer Häute gnadenlos hinterher. Während der Regenzeit verteilen sich die Kaimane über die weiten Llanos. In der Trockenzeit versammeln sie sich an den wenigen Wassertümpeln, Flüssen und Seen. Die voranschreitende Urbanisierung zerstört den Lebensraum der Tiere. Wegen zurückgehender Froschbestände kommt es bei den Kaimanen zu Nahrungsknappheit, so dass die großen die kleinen fressen.

Hauptfeind der Reptilien ist der Mensch, der sich das lukrative Handtaschengeschäft nicht entgehen lassen möchte. Doch die Hauptschuld trifft den Konsumenten, der diese Produkte nachfragt. In der ockergelben Savanne haben sich Eulen zu echten Steppenläufern entwickelt, die in Erdhöhlen hausen. Im Orinokodelta lebt auch die Arrauschildkröte, die 60 x 80 cm mißt und bis zu 80 kg auf die Waage bringt. Die Indianer hatten es vormals weniger auf die Schildkröte abgesehen, sondern auf ihre Eier, die sie in der Trockenzeit an Land vergräbt. Die Eier dienten den Indianern zur Ölgewinnung, das sie zum Kochen verwendeten. Als wohl größter Fisch in diesen Gewässern gilt der Arapaima. Er mißt bis zu 3 m Länge und einen Umfang von 1 m, wobei er erstaunliche 150 kg schwer werden kann. In den »Llanos altos« sind Rotwild, dessen Bejagung verboten ist, sowie verschiedene Affengattungen, Ameisenbären, Eichhörnchen, Gürteltiere, Ozelots, Pumas, Stachelschweine und Tapire anzutreffen. Nicht nur die kleinen Gürteltiere laufen hier umher, sondern auch große Arten, die bis zu 50 kg auf die Waage bringen. Tapire hingegen erreichen ein Gewicht von bis zu 200 kg. Doch auch der Jaguar, den die Venezolaner fälschlicherweise als »El Tigre«, Tiger, bezeichnen, treibt sich in dieser Umgebung herum.

Die Vogelwelt besteht vornehmlich aus Felsenhähnen, Hoazinen, Löfflern, Reihern, Rohrdommeln und Schmuckvögeln. Etwas ganz Besonderes stellt jedoch der Guácharovogel dar. Zwischen Cumaná und Maturín liegt der kleine Ort Caripe und in dessen Nähe die Guácharohöhle. Mit 10,2 km Länge ist sie die längste Tropfsteinhöhle des Landes. Hier lebt der Guácharovogel, der ein braunes Gefieder besitzt, wobei der Kopf durch ein helleres Braun und der Schwanz sowie die Flügel durch weiße Flecken gekennzeichnet sind. Sein gekrümmter Schnabel erinnert an den eines Adlers. Er wird bis zu 55 cm lang und seine Flügel erreichen eine Spannweite von 110 cm. Die Füße wirken zierlich und klein wie Taubenfüße. Er ist ein lichtscheuer Nachtvogel, der seine Höhle nur abends bei Einbruch der Dunkelheit verläßt. Beim Fliegen stößt er Schreie aus, deren reflektierter Schall ihm zur Orientierung dient. Diese Vögel fliegen nur in Gruppen aus. Sie ernähren sich von Früchten, die sie von ihren nächtlichen Ausflügen mit in die Höhle bringen und tagsüber verzehren. Heruntergefallene Hülsen sowie der Kot des Guácharos dienen anderen Höhlenbewohnern als Nahrung. Nur einmal im Jahr, in den Monaten Mai und Juni, legt der Guácharo zwei bis vier Eier, aus denen die zunächst noch nackten Jungvögel nach etwa 30 Tagen schlüpfen. Sie setzen schnell viel Fett an, das sie vor Kälte schützt. Dabei erreichen sie das eineinhalbfache Gewicht der ausgewachsenen Vögel. Wenn das endgültige Gefieder wächst, verlieren sie rapide an Gewicht. Nach 17 Wochen erweisen sie sich als flugtauglich. In der Zeit vor der Eroberung, um den Johannestag herum, plünderten die Indianer des Chaimas-Stammes regelmäßig die Nester. Das Bauchfell der Jungtiere, das stark mit Fett durchwachsen ist, wurde ausgelassen. Das Fett war bei den Indianern so beliebt, da es geruchlos, rein und bis zu einem Jahr lagerfähig ist, ohne ranzig zu werden.

Neben den Guácharovögeln hausen in der Höhle noch Grillen, verschiedene Fledermausarten, Krebse, Mäuse, Ratten, Spinnen, Tausendfüßler und anderes Wurmgetier. Zum ökologischen System der Höhle gehört auch ein Fluß, der bei steigendem Wasserstand einen Teil des Unrats abtransportiert. Den Rest zersetzen besondere Bakterien. Vor der Höhle bestimmen Frösche und Mauereidechsen das Bild. In den Tieflandregenwäldern, im Territorio Amazonas und im Orinokodelta, veranstalten Brüllaffen ihr morgendliches Konzert. Dabei kann sie jeder kilometerweit hören. In der Überschwemmungszeit begeben sich einige Fischarten in die Überschwemmungsgebiete. Die Kronen im Wachstum befindlicher Bäume stehen dann unter Wasser, so dass Fische dazwischen reichlich Nahrung in Form von Insekten vorfinden, welche die Baumkronen nicht rechtzeitig verlassen konnten.